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Mittwoch, 5. Januar 2005
Obutaries
uceda, 00:36h
Nein, Charles Wilp, dessen Musik wir in der Sendung oft gespielt haben - es gibt einen Sampler von ihm aus den 60ern - war kein Jude.
Artie Shaw, der berühmte Jazz-Klarinettist hingegen, hiess eigentlich Arthur Jacob Arshawsky, und kam fast idealtypisch aus der Lower East Side von New York, dem jüdischen Viertel schlechthin.
Womit zumindest 2 Musikstücke für die kommende Sendung am 16. Januar geklärt sind. Leider.
Artie Shaw, der berühmte Jazz-Klarinettist hingegen, hiess eigentlich Arthur Jacob Arshawsky, und kam fast idealtypisch aus der Lower East Side von New York, dem jüdischen Viertel schlechthin.
Womit zumindest 2 Musikstücke für die kommende Sendung am 16. Januar geklärt sind. Leider.
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Hebron Blues
uceda, 00:29h
Ich hatte heute ein längeres Telefonat mit einer Journalistin in Israel; genauer, einer arabischstämmigen Journalistin. Eine, die die Schnauze voll hat vom hüben und drüben und gerne eine Weile rauskommen würde, was ich sehr gut verstehen kann. Sie wollte Informationen, was sie dabei tun könnte. Und eine Botschaft war klar: Raus, bevor in den besetzten Gebieten die Hölle losgeht.
Denn jetzt rächen sich die Fehler der Israelis und der Palästinenser. Die Extremisten der Fatach - weniger der inzwischen dezimierten Hamas - wittern Morgenluft und wollen Israel nicht einfach so abziehen lassen. Und die bedrohen im Moment alles und jeden, der etwas gegen ihre täglichen Angriffe sagt, und sei es nur, um die Israelis zu beruhigen. Die Israelis wiederum lassen sich zwangsweise mit dem Rückzug aus dem Gaza viel Zeit, um innenpolitisch nicht ins Schleudern zu geraten, und öffnen damit einen Zeitkorridor für die nächste grosse Katastrophe:
Den palästinensischen Bürgerkrieg. Denn jeder Beschwichtigungsversuch, jeder für Gespräche notwendige Dämpfer wird den Irren neuen Auftrieb geben. Wenn man ehrlich ist, wird man zugeben müssen, dass die Exil-Elite der PLO so gut wie keine Basis in den Gebieten hat. Und so wird man Leute wählen, ohne sie zu unterstützen. Man wird Repräsentanten haben, die nichts ausser ihren eigenen Partikularinteressen repräsentieren. Keiner von denen will die nächsten Jahre in Arafats zerbombten Compound sitzen; die wollen rumgereicht werden wie Arafat Anfang der 90er jahre, nach Oslo. Der bewaffnete und damit tonangebende Teil des Volkes hingegen wird von ihnen erwarten, dass sie eine Politik machen, die sie in den Compound bringen würden. Die Märtyrer wollen sterben, da können die Bosse wenigstens ein wenig Belagerung ertragen, so die Logik der Radikalen.
Und wenn sie nicht wollen, holt man sich eben Neue. Wie man das macht, wie man das durchsetzt, sehen sie jeden Tag in Saudi-Arabien, im Irak und Jordanien.
Das werden verdammt bittere Zeiten, und selten war eine gute Leibwache im Nahen Osten wichtiger, als sie während der nächsten Jahre sein wird.
Denn jetzt rächen sich die Fehler der Israelis und der Palästinenser. Die Extremisten der Fatach - weniger der inzwischen dezimierten Hamas - wittern Morgenluft und wollen Israel nicht einfach so abziehen lassen. Und die bedrohen im Moment alles und jeden, der etwas gegen ihre täglichen Angriffe sagt, und sei es nur, um die Israelis zu beruhigen. Die Israelis wiederum lassen sich zwangsweise mit dem Rückzug aus dem Gaza viel Zeit, um innenpolitisch nicht ins Schleudern zu geraten, und öffnen damit einen Zeitkorridor für die nächste grosse Katastrophe:
Den palästinensischen Bürgerkrieg. Denn jeder Beschwichtigungsversuch, jeder für Gespräche notwendige Dämpfer wird den Irren neuen Auftrieb geben. Wenn man ehrlich ist, wird man zugeben müssen, dass die Exil-Elite der PLO so gut wie keine Basis in den Gebieten hat. Und so wird man Leute wählen, ohne sie zu unterstützen. Man wird Repräsentanten haben, die nichts ausser ihren eigenen Partikularinteressen repräsentieren. Keiner von denen will die nächsten Jahre in Arafats zerbombten Compound sitzen; die wollen rumgereicht werden wie Arafat Anfang der 90er jahre, nach Oslo. Der bewaffnete und damit tonangebende Teil des Volkes hingegen wird von ihnen erwarten, dass sie eine Politik machen, die sie in den Compound bringen würden. Die Märtyrer wollen sterben, da können die Bosse wenigstens ein wenig Belagerung ertragen, so die Logik der Radikalen.
Und wenn sie nicht wollen, holt man sich eben Neue. Wie man das macht, wie man das durchsetzt, sehen sie jeden Tag in Saudi-Arabien, im Irak und Jordanien.
Das werden verdammt bittere Zeiten, und selten war eine gute Leibwache im Nahen Osten wichtiger, als sie während der nächsten Jahre sein wird.
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Dienstag, 4. Januar 2005
Georg Stefan Troller: Das fidele Grab an der Donau
uceda, 00:55h
Im Reich der jüdischen Legenden kommt die Stadt Wien ziemlich bald hinter der Stadt Jerusalem, ungefähr auf einer Höhe mit Berlin und knapp vor New York und Hollywood. An der Legende des jüdischen Wien wurde lange gestrickt, und mit dem oben bezeichneten Buch ist ein weiterer Faden zum undurchdringlichen Dickicht aus Heimatliebe, sentimentaler Lüge und Weitertratschen und Variieren längst bekannter Anekdoten dazu gekommen.
Troller hat es dabei nicht leicht. Gibt es doch mit den Büchern der Tante Jolesch von Friedrich Torberg unübertroffene Meisterwerke dieses Genres, hinter deren Leichtigkeit und Witz Troller zwangsweise zurückbleiben muss. Und da ist noch eine andere Sache: Während Torberg über das jüdisch geprägte Wien schrieb, schreibt Troller, der dieses Wien in seiner Jugend noch selbst erlebte, als Wiener Jude über Juden in Wien, immer die kommende Katastrophe vor Augen. Das mag politisch korrekt sein, ist aber dem Vergnügen etwas abträglich. Dass er von den Zeiten weitaus weniger erlebte als Torberg und deshalb oft zitieren muss, ist ein weiteres Manko.
Aber es wäre nicht fair, ihn für dieses Versagen am Titanen Torberg zu schelten. Troller macht seine Sache gut, und vielleicht wäre es noch besser gewesen, wenn er mehr von seiner eigenen Geschichte nach vorne gebracht hätte, denn er selbst kam 45 als US-Soldat zurück. Davon gibt es leider nur Andeutungen. Für einige vergnügliche Stunden ist das Buch allemal ausreichend; es ist sehr kurzweilig geschrieben, man kenn es sich im Wiener Tonfall vorstellen, und als erweiterte Anekdotensammlung nutzen. Kleine Flüchtigkeitsfehler, die man entdeckt, sind nicht störend, denn wer kann bei Legenden schon sagen, was stimmt und was nicht. Eben.
Georg Stefan Troller, Das fidele Grab an der Donau ist bei Artemis und Winkler erschienen und kostet 24,9o Euro
Troller hat es dabei nicht leicht. Gibt es doch mit den Büchern der Tante Jolesch von Friedrich Torberg unübertroffene Meisterwerke dieses Genres, hinter deren Leichtigkeit und Witz Troller zwangsweise zurückbleiben muss. Und da ist noch eine andere Sache: Während Torberg über das jüdisch geprägte Wien schrieb, schreibt Troller, der dieses Wien in seiner Jugend noch selbst erlebte, als Wiener Jude über Juden in Wien, immer die kommende Katastrophe vor Augen. Das mag politisch korrekt sein, ist aber dem Vergnügen etwas abträglich. Dass er von den Zeiten weitaus weniger erlebte als Torberg und deshalb oft zitieren muss, ist ein weiteres Manko.
Aber es wäre nicht fair, ihn für dieses Versagen am Titanen Torberg zu schelten. Troller macht seine Sache gut, und vielleicht wäre es noch besser gewesen, wenn er mehr von seiner eigenen Geschichte nach vorne gebracht hätte, denn er selbst kam 45 als US-Soldat zurück. Davon gibt es leider nur Andeutungen. Für einige vergnügliche Stunden ist das Buch allemal ausreichend; es ist sehr kurzweilig geschrieben, man kenn es sich im Wiener Tonfall vorstellen, und als erweiterte Anekdotensammlung nutzen. Kleine Flüchtigkeitsfehler, die man entdeckt, sind nicht störend, denn wer kann bei Legenden schon sagen, was stimmt und was nicht. Eben.
Georg Stefan Troller, Das fidele Grab an der Donau ist bei Artemis und Winkler erschienen und kostet 24,9o Euro
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Sonntag, 2. Januar 2005
Schlecht für den Zionismus
uceda, 23:52h
Die alljährliche Winterdepression, verbunden mit häufigem Clicken durch die Webcams von Tel Aviv und diesem seltsamen Gefühl, dem Irrenhaufen da unten doch einiges Positive abringen zu können, entfällt mangels grimmigem Winter:
Und zwar ersatzlos, wenn es so bleibt (In Hamburg soll es gehagelt haben, aber bitte: Wer wohnt schon in Hamburg?).
Und zwar ersatzlos, wenn es so bleibt (In Hamburg soll es gehagelt haben, aber bitte: Wer wohnt schon in Hamburg?).
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Sonntag, 2. Januar 2005
Dumm gelaufen
uceda, 00:56h
Jüdische Medienarbeit in Deutschland ist oft ein Trauerspiel: Hier drängelte sich der liberale Rabbiner Homolka und graue Eminenz der Liberalen in Deutschland ins Rampenlicht und äusserte sich angetan von der Idee, die jüdische Zuwanderung aus Osteuropa zu begrenzen:
Wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Deutschland, aber auch wegen Erfahrungen mit der Integrationsbereitschaft der Zuwanderer halte man die Pläne für vertretbar.
In den Gemeinden, auch den Liberalen, sah das Fussvolk die Sache doch erheblich anders. Nachdem der Zentralrat sich typischerweise empört hatte, rudern die Liberalen jetzt in Person ihres Vorsitzenden Jan Mühlstein wieder in die andere Richtung:
Die künftigen Zuwanderungsregeln sollten laut Mühlstein zudem künftig auch für nichtjüdische Angehörige von Juden gelten. (...) "Wir ermutigen sogar solche Menschen, zum Judentum überzutreten."
Wenn es mit der Bekehrung der Juden in Deutschland nicht richtig klappt, dann importiert man sich eben welche, die man bekehren kann. Erinnert fatal an die Neigung der ultraorthodoxen Gegenseite, die ihre Hardcore-Rabbiner dann eben auch aus Brooklyn oder Mea Shearim nach Deutschland importieren, weil hier sonst kaum jemand was damit anfangen kann - und dann wird fleissig unter den Zuwanderern gefischt.
Die Liberalen sollten sich in Zukunft besser überlegen, wen sie da vor die Mikros lassen; wenn sich der Oszilationsvorgang zwischen "Politikerschuhe lecken" und "Nach Bedarf die meinung ändern" erst mal einschleift, haben sie bald jeden Kredit verspielt.
Wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Deutschland, aber auch wegen Erfahrungen mit der Integrationsbereitschaft der Zuwanderer halte man die Pläne für vertretbar.
In den Gemeinden, auch den Liberalen, sah das Fussvolk die Sache doch erheblich anders. Nachdem der Zentralrat sich typischerweise empört hatte, rudern die Liberalen jetzt in Person ihres Vorsitzenden Jan Mühlstein wieder in die andere Richtung:
Die künftigen Zuwanderungsregeln sollten laut Mühlstein zudem künftig auch für nichtjüdische Angehörige von Juden gelten. (...) "Wir ermutigen sogar solche Menschen, zum Judentum überzutreten."
Wenn es mit der Bekehrung der Juden in Deutschland nicht richtig klappt, dann importiert man sich eben welche, die man bekehren kann. Erinnert fatal an die Neigung der ultraorthodoxen Gegenseite, die ihre Hardcore-Rabbiner dann eben auch aus Brooklyn oder Mea Shearim nach Deutschland importieren, weil hier sonst kaum jemand was damit anfangen kann - und dann wird fleissig unter den Zuwanderern gefischt.
Die Liberalen sollten sich in Zukunft besser überlegen, wen sie da vor die Mikros lassen; wenn sich der Oszilationsvorgang zwischen "Politikerschuhe lecken" und "Nach Bedarf die meinung ändern" erst mal einschleift, haben sie bald jeden Kredit verspielt.
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Freitag, 31. Dezember 2004
Ach so, und das letzte Mal was inne Fresse für 05
uceda, 20:03h
teilen sich im gleichen Masse der Osservatore Romano und der israelische Oberrabbiner Shlomo Amar.
Das Beobachter des Kirchenvolkes setzte die Lüge ab, Israel würde den Muslimen in Sri Lanka nicht helfen, und unser homegrown Schand für die Gojm bezeichnete das Seebeben in Ostasien als Strafe Gottes für die Sünden der Welt. Beide waren schon früher durch ähnliches Bullshit Bingo aufgefallen.
He, Kardinal Ratzinger, den Amar könnt ihr haben, der passt gut bei euch rein.
Das Beobachter des Kirchenvolkes setzte die Lüge ab, Israel würde den Muslimen in Sri Lanka nicht helfen, und unser homegrown Schand für die Gojm bezeichnete das Seebeben in Ostasien als Strafe Gottes für die Sünden der Welt. Beide waren schon früher durch ähnliches Bullshit Bingo aufgefallen.
He, Kardinal Ratzinger, den Amar könnt ihr haben, der passt gut bei euch rein.
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Frohes 2005 nach der gewöhnlichen Zeitrechnung
uceda, 19:54h
für alle, die nach dieser Zeitrechnung leben - und letztlich ist doch die Hauptsache, dass es einen Grund zum Feiern gibt.
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Donnerstag, 30. Dezember 2004
Shabbat Shalom ohne Messias-Fragen
uceda, 23:44h
wobei ich schon zugeben muss, dass mich die Debatte überrascht - ich dachte eigentlich (ganz neuitral und nicht wertend), dass das Christentum und sein Messiasglaube jenseits einiger Hardcore-People kaum mehr Ernst genommen wird ... halt so, wie das auch mit der ägyptischen Religion, dem Baalskult, dem iranischen Feuerkult, den Manichäern, den Urchristen und so vielen anderen Kulten ergangen ist, deren Untergang das jüdische Volk zu betrachten die Ehre hatte.
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Warum Christus für die Juden nicht der Messias ist Teil 2
uceda, 04:08h
At large: Die jüdische Bibel und auchwohl auch die meisten Juden gehen davon aus, dass der Messias dereinst die Juden und alle Menschen "erlösen" wird; was grob gesagt bedeutet, der Messias wird bei seinem Kommen für Weltfrieden und Wohlergehen für alle, aber eben auch für die Juden sorgen.
Nach 2000 Jahren Christentum in Nachfolge des von ihm als Messias erkannten Erlösers muss man als Jude festhalten: Entweder er war nicht der Erlöser für die Juden - dann sind alle Verfolgungen der Juden der Beweis dafür, dass er es nicht gewesen sein kann.
Und falls er es doch gewesen sein sollte, hier ein ganz deutliches: Hey, F*** OFF, auf solche Erlöser, die erst grosse Versprechungen machen und dann Christen von Ambrosius von Mailand über Luther bis gewisse Österreicher zulassen, auf solche Erlöser können Juden wirklich verzichten!
Er passt von seinen Folgeerscheinungen einfach nicht im Mindesten zu dem, was man sich jüdischerseits vom Messias erwartet. Judas Maccabäus, Theodor Herzl und sogar Ariel Sharon haben, wenn man das Ganze betrachtet, weitaus mehr Anspruch darauf, als Messias erkannt zu werden.
Und wer die Ansprache an den besagten Herrn unflätig findet: Während Christen einen ziemlich miesen Unterwerfungsdeal mit ihrem Gott haben, dürfen Juden durchaus mit dem Einzigen rechten, wenn er sich nicht an den Deal hält. Da kam ein Gott ohne Volk und ein Volk ohne Gott zusammen, mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Man kann dem Vertragspartner durchaus mitteilen, dass man sein Verhalten unter alles Kanone empfand. Zumindest das. Und das braucht man auch oft genug, ehrlich.
Nach 2000 Jahren Christentum in Nachfolge des von ihm als Messias erkannten Erlösers muss man als Jude festhalten: Entweder er war nicht der Erlöser für die Juden - dann sind alle Verfolgungen der Juden der Beweis dafür, dass er es nicht gewesen sein kann.
Und falls er es doch gewesen sein sollte, hier ein ganz deutliches: Hey, F*** OFF, auf solche Erlöser, die erst grosse Versprechungen machen und dann Christen von Ambrosius von Mailand über Luther bis gewisse Österreicher zulassen, auf solche Erlöser können Juden wirklich verzichten!
Er passt von seinen Folgeerscheinungen einfach nicht im Mindesten zu dem, was man sich jüdischerseits vom Messias erwartet. Judas Maccabäus, Theodor Herzl und sogar Ariel Sharon haben, wenn man das Ganze betrachtet, weitaus mehr Anspruch darauf, als Messias erkannt zu werden.
Und wer die Ansprache an den besagten Herrn unflätig findet: Während Christen einen ziemlich miesen Unterwerfungsdeal mit ihrem Gott haben, dürfen Juden durchaus mit dem Einzigen rechten, wenn er sich nicht an den Deal hält. Da kam ein Gott ohne Volk und ein Volk ohne Gott zusammen, mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Man kann dem Vertragspartner durchaus mitteilen, dass man sein Verhalten unter alles Kanone empfand. Zumindest das. Und das braucht man auch oft genug, ehrlich.
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Dienstag, 28. Dezember 2004
Susan Sonntag
uceda, 21:42h
1933-2004
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Bevor wir mit der Frage nach dem Messias weiter machen
uceda, 21:01h
eine Zwischenbemerkung wegen der heutigen Debatte: Ich spreche niemandem seinen Glauben, seine Überzeugungen oder was auch immer ab. Ich sehe auch absolut keinen Grund, jemanden zu überzeugen, dass das Judentum oder eine seiner Strömungen in Bezug auf religiöse Inhalte recht hat; zumal ich selbst eher Agnostiker bin und nicht nur aufgrund der Shoa nicht der Meinung bin, dass das, was Moses vom brennenden Dornbusch versprochen wurde, heute noch Gültigkeit hat. Warum ich dennoch Jude bin, ist eine andere Frage; man kann aber auch aus Sicht des jüdischen Religionsgesetzes Gott leugnen, ohne das Judentum zu verlieren. Das ist einer der grundsätzlichen Unterschiede zwischen Judentum und Christentum.
Zurück zum Thema. In diesem Blog wurde die Frage gestellt, warum Juden in Jesus nicht den Messias sehen. Das ist eine Frage, die den absoluten Kern der Religion betrifft; würde ich das glauben, wäre ich eben kein Jude mehr, sondern Christ jüdischer Abstammung. Nachdem andere das aber ebenso glauben, wie ich es nicht glaube, und es ihnen wichtig ist, halte ich eine umfassende Antwort für angemessen. Schlisslich reden wir hier nicht über den Weihnachtsmann, Judas Maccabäus oder die Evolutionstheorie; das alles ist irgendwo verhandelbar, da gibt es Kompromisse, oder beide Seiten heben die Schultern und geben zu, dass sie auch nicht in Besitz der ganzen Wahrheit sind. Im Judentum ist das völlig in Ordnung - Wissen, Wissenschaft und Glaube sind keine Gegensätze, und wenn sich ein Glaube als falsch herausstellt, wird er eben geändert. Banales Beispiel: Tabak galt im 19. Jahrhundert als anregend und koscher, heute kennt man die Folgen und hat ihn für nicht koscher erklärt. Alles easy.
Wenn man mich fragt, warum ich nicht vom Judentum abfalle, nehme ich mir das Recht heraus, auch mit Methoden der Wissenschaft nachzuschauen, was denn die Grundlage für den frommen Wunsch ist. Dass das sog. Neue Testament nicht aus einem Block besteht und viele Quellen hat, wird jeder wissen, der die Apostelgeschichte gelesen hat - in der gibt die aus dem Text herausfallenden "Wir"-Passagen, von denen die Christen selbst annehmen, dass sie ältesten Teile der Überlieferung sind; geschrieben etwa 30 Jahre nach dem Tod des angeblichen Christus von seinen Jüngern und teilweise noch vor der Apostelkonferenz, in der die Heidenmission beschlossen wurde, nachdem sich die Juden als höchst resistent erwiesen hatten. Ob das Johannesevangelium jetzt 90 oder 120 Jahre nach Beginn der christlichen Zeitrechnung geschrieben und von 3 oder 5 Teams bis zur Einbringung in den Kanon überarbeitet wurde, ist Gegenstand einer ganzen Wissenschaft, der Patristik. Für mich reicht es zu wissen, dass die Kerntexte der christlichen Bibel nicht mal eben kurz nach Christi Himmelfahrt ohne jeden Hintergedanken notiert wurden, sondern von Leuten später geschrieben wurden,
a) um explizit den Anspruch von Christus als Messias zu beweisen, und die Probleme dieser Interpretation geradezubiegen.
b) die die Geschichte bestenfalls vom Hörensagen kannten und Stücke bei anderen Evangelien geklaut haben, eben weil sie selbst nicht dabei waren.
c) denen man dank der Wissenschaft inzwischen auf die Schliche gekommen ist.
Es ist nicht meine Wissenschaft, ich verstehe auch, wenn überzeugte Christen das nicht schön finden, aber das, was ich von den christlichen Forschern selbst bei optimaler Auslegung und Datierung weiss, reicht nun mal beim besten Willen nicht aus, als dass ich mich danach richten würde. Das muss jeder für sich selbst entscheiden; haltet es nach Eurem Wunsche; ich sage jedenfalls: "Non credo, nego". Warum - dazu dann morgen mehr.
Zurück zum Thema. In diesem Blog wurde die Frage gestellt, warum Juden in Jesus nicht den Messias sehen. Das ist eine Frage, die den absoluten Kern der Religion betrifft; würde ich das glauben, wäre ich eben kein Jude mehr, sondern Christ jüdischer Abstammung. Nachdem andere das aber ebenso glauben, wie ich es nicht glaube, und es ihnen wichtig ist, halte ich eine umfassende Antwort für angemessen. Schlisslich reden wir hier nicht über den Weihnachtsmann, Judas Maccabäus oder die Evolutionstheorie; das alles ist irgendwo verhandelbar, da gibt es Kompromisse, oder beide Seiten heben die Schultern und geben zu, dass sie auch nicht in Besitz der ganzen Wahrheit sind. Im Judentum ist das völlig in Ordnung - Wissen, Wissenschaft und Glaube sind keine Gegensätze, und wenn sich ein Glaube als falsch herausstellt, wird er eben geändert. Banales Beispiel: Tabak galt im 19. Jahrhundert als anregend und koscher, heute kennt man die Folgen und hat ihn für nicht koscher erklärt. Alles easy.
Wenn man mich fragt, warum ich nicht vom Judentum abfalle, nehme ich mir das Recht heraus, auch mit Methoden der Wissenschaft nachzuschauen, was denn die Grundlage für den frommen Wunsch ist. Dass das sog. Neue Testament nicht aus einem Block besteht und viele Quellen hat, wird jeder wissen, der die Apostelgeschichte gelesen hat - in der gibt die aus dem Text herausfallenden "Wir"-Passagen, von denen die Christen selbst annehmen, dass sie ältesten Teile der Überlieferung sind; geschrieben etwa 30 Jahre nach dem Tod des angeblichen Christus von seinen Jüngern und teilweise noch vor der Apostelkonferenz, in der die Heidenmission beschlossen wurde, nachdem sich die Juden als höchst resistent erwiesen hatten. Ob das Johannesevangelium jetzt 90 oder 120 Jahre nach Beginn der christlichen Zeitrechnung geschrieben und von 3 oder 5 Teams bis zur Einbringung in den Kanon überarbeitet wurde, ist Gegenstand einer ganzen Wissenschaft, der Patristik. Für mich reicht es zu wissen, dass die Kerntexte der christlichen Bibel nicht mal eben kurz nach Christi Himmelfahrt ohne jeden Hintergedanken notiert wurden, sondern von Leuten später geschrieben wurden,
a) um explizit den Anspruch von Christus als Messias zu beweisen, und die Probleme dieser Interpretation geradezubiegen.
b) die die Geschichte bestenfalls vom Hörensagen kannten und Stücke bei anderen Evangelien geklaut haben, eben weil sie selbst nicht dabei waren.
c) denen man dank der Wissenschaft inzwischen auf die Schliche gekommen ist.
Es ist nicht meine Wissenschaft, ich verstehe auch, wenn überzeugte Christen das nicht schön finden, aber das, was ich von den christlichen Forschern selbst bei optimaler Auslegung und Datierung weiss, reicht nun mal beim besten Willen nicht aus, als dass ich mich danach richten würde. Das muss jeder für sich selbst entscheiden; haltet es nach Eurem Wunsche; ich sage jedenfalls: "Non credo, nego". Warum - dazu dann morgen mehr.
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