Samstag, 31. Dezember 2005
Blick zurück in - naja.
uceda, 18:58h
Achtung Nörgelcontent.
Es ist ja nicht so, dass es nicht schon genug Probleme gäbe. 2005, wenn man hier ein christliches Jahr als Grundlage nehmen darf, sah weltweit, in Israel und in Deutschland eine ganze Latte höchst unangenehmer Erscheinungen. In Amerika sind christliche Extremisten auf dem Vormarsch, Stichwort "Intelligent Design" an den Schulen, was in der Praxis eine Dominanz christlicher Inhalte bedeutet. Es ist mir durchaus klar, dass die Geschichte der Schöpfung vonen denen nur aus der Torah geklaut wurde, dass es neben den vielen jüdische n Protesten auch ein paar Juden gibt, die sowas unterstützen - lästig ist das Ergebnis allemal.
Und es geht mir persönlich einfach näher als die Sickos im Iran mit ihrer PR-Kampagne gegen Israel in der arabischen Welt. Einerseits vermag ich da trotz all der Aufregungen nicht mehr drin sehen als billige Awareness, zum anderen ist man das ja gewohnt. Es ist halt bitter, wenn man sieht, wie auf der eigenen Seite das von den Deppen kassiert wird, was die Gegner ohnehin schon längst weghaben wollen. Leiden tut die Mitte, die Aufklärung und alle, für die das Judentum einfach mehr oder weniger ein Lebensstil ist, aber nichts, hinter dessen Fahnen man stets stramm stehen müsste, wie es angesichts der Entwicklungen immer wieder mal gefordert wird. Ich mag keine iranischen Atomraketen, ich mag aber auch keinen israelischen Militärschlag gegen den Iran, der die Welt nochmal destabilisiert - zumindest nicht, bevor nicht alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Und es kotzt mich an zu sehen, wer diejenigen sind, die das gern anders hätten. Nicht die Leute, die ich in Israel kenne und die es primär angeht - die haben aufgrund ihres Wissens eine recht plausible Haltung. Ich meine die Hetzbattalione im von ihnen als "Westen" bezeichneten Lager der Neocons, angefangen bei Wolfowitz über Limbaugh, das Frontpagemag und ihre deutschen Freunde bis zum Henryk Broder, der in meinen Augen sowas wie die Enttäuschung des Jahres ist, neben einigen schhlimmen innerjüdischen Geschichten in Deutschland.
Denn es bringt gar nichts, immer nur "den Antisemitismus" zu verschreien, wenn man grad keine Argumente hat. Broder und all die anderen wie Honestly Concerned, Die Jüdische oder auch die diversen nichtjüdischen Zulieferer, die bei der jüdischen Allgemeinen den jungen Sharon geben, sorgen nur dafür, dass uns die Munition ausgeht, wenn es mal wieder richtige Probleme gibt. Das Vorgehen gegen Leute wie Oliver Gehrs oder Juden mit anderen Meinungen wie Abraham Melzer, die Kampagne gegen die gähnend langweiligen und altbekannten Bemerkungen eines Ludwig Watzals oder gegen den Film Apocalypse Now waren alles andere als ein Ruhmesblatt. Nichts gegen Polemik, aber sie sollte halt dem gesetzlichen Rahmen entsprechen, allein schon, weil es sonst zu Urteilen kommt wie dem gegenSamuel Laster. Das bringt keinem was, egal, wie man da zur Frage von Schuld und zur Haltung von Watzal stehen mag.
Ich wünsche mir, dass diese selbsternannten Vortruppen - ich würde sie ja eher als Etappenhengste bezeichnen, nur meine Meinung - ihren Kampf, wenn sie ihn schon betreiben, intelligent und angemessen durchführen. Denn das Geheule des letzten Jahres drang über das Internet und die Winzprojekte der Kombattanten kaum hinaus. Und wenn man sich so die allgemeinen Reaktionen auf Broders Einlassungen bei Spiegel Online anschaut - jenseits der rechtsgerichteten Blogosphäre, die sich stolz mit Broder ablichten lassen - dann möchte ich auch die Wirksamkeit dieses früheren publizistischen Schwergewichts massiv bezweifeln.
Wenn ich das mal so hart sagen darf: Die jüdische Publizistik ist danl solcher Vorgehensweisen inzwischen weitgehend wirkungslos. Und das ist nicht das Problem der Deutschen, sondern das Problem unserer eigenen Qualität. Beispiele gäbe es genug: Wo bleiben denn die Insiderberichte aus Krisengemeinden wie Berlin oder Hamburg? Wo wird denn mal offen intern darüber debattiert, ob man der Renaissance von Friedman und seinem Nichts ausschliessen in Bezug auf den Zentralrat akzeptieren soll? Wo stehen wir mit der Integration wirklich? Wo bleiben die Debatten wegen der versauten Finanzen und Skandale in Brandenburg und Sachsen-Anhalt? An diesen Stellen liefern wir die Munition der anderen Seite, das kann angesichts prekärer Finanzen schnell ins Auge gehen, und wie manches orthodoxe oder liberale Grüppchen auf Kollisionskurs schon erfahren durfte, spielen die Landesregierungen auch nicht mehr bei jedem Geschrei mit.
Statt dessen wird weiter an "den Deutschen" rumgemäkelt, weil sie antiamerikanisch seien, Israel schlechte Presse hätte und dergleichen simple Dinge mehr. Das ist einfach, das geht schnell, da ruft man ein paar Kumpels an, und wenn es denn nur genügend Rechtsextremisten auf dem Philosemitentripp abgeschrieben haben, klopft man sich auf die Schulter. Ohne auch nur wahrzunehmen, dass dergleichen noch nicht mal in den jüdischen Gemeinden ankommt, die ganz andere Probleme haben.
Insofern wäre es nett, wenn die ganze Bagage mit ihrem Anspruch, die Jüdische Stimme zu sein, genau diesen Anspruch mal eine Weile weglassen würde und ihren kleinen Dreckskrieg unter der eigenen Verantwortung im Unterholz des Netzes und mit- brandaktuell - rechtlichen Mitteln führt, wenn sie es denn für nötig halten. Ich, mit Verlaub, finde es bescheuert. Vor allem, weil mit solchen Vorgehensweisen wir alle von dieser kleinen Gruppe instrumentalisiert werden.
Also, packt Euch wenigstens 2006. Nochmal so ein Jahr wie 05 braucht keiner.
Es ist ja nicht so, dass es nicht schon genug Probleme gäbe. 2005, wenn man hier ein christliches Jahr als Grundlage nehmen darf, sah weltweit, in Israel und in Deutschland eine ganze Latte höchst unangenehmer Erscheinungen. In Amerika sind christliche Extremisten auf dem Vormarsch, Stichwort "Intelligent Design" an den Schulen, was in der Praxis eine Dominanz christlicher Inhalte bedeutet. Es ist mir durchaus klar, dass die Geschichte der Schöpfung vonen denen nur aus der Torah geklaut wurde, dass es neben den vielen jüdische n Protesten auch ein paar Juden gibt, die sowas unterstützen - lästig ist das Ergebnis allemal.
Und es geht mir persönlich einfach näher als die Sickos im Iran mit ihrer PR-Kampagne gegen Israel in der arabischen Welt. Einerseits vermag ich da trotz all der Aufregungen nicht mehr drin sehen als billige Awareness, zum anderen ist man das ja gewohnt. Es ist halt bitter, wenn man sieht, wie auf der eigenen Seite das von den Deppen kassiert wird, was die Gegner ohnehin schon längst weghaben wollen. Leiden tut die Mitte, die Aufklärung und alle, für die das Judentum einfach mehr oder weniger ein Lebensstil ist, aber nichts, hinter dessen Fahnen man stets stramm stehen müsste, wie es angesichts der Entwicklungen immer wieder mal gefordert wird. Ich mag keine iranischen Atomraketen, ich mag aber auch keinen israelischen Militärschlag gegen den Iran, der die Welt nochmal destabilisiert - zumindest nicht, bevor nicht alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Und es kotzt mich an zu sehen, wer diejenigen sind, die das gern anders hätten. Nicht die Leute, die ich in Israel kenne und die es primär angeht - die haben aufgrund ihres Wissens eine recht plausible Haltung. Ich meine die Hetzbattalione im von ihnen als "Westen" bezeichneten Lager der Neocons, angefangen bei Wolfowitz über Limbaugh, das Frontpagemag und ihre deutschen Freunde bis zum Henryk Broder, der in meinen Augen sowas wie die Enttäuschung des Jahres ist, neben einigen schhlimmen innerjüdischen Geschichten in Deutschland.
Denn es bringt gar nichts, immer nur "den Antisemitismus" zu verschreien, wenn man grad keine Argumente hat. Broder und all die anderen wie Honestly Concerned, Die Jüdische oder auch die diversen nichtjüdischen Zulieferer, die bei der jüdischen Allgemeinen den jungen Sharon geben, sorgen nur dafür, dass uns die Munition ausgeht, wenn es mal wieder richtige Probleme gibt. Das Vorgehen gegen Leute wie Oliver Gehrs oder Juden mit anderen Meinungen wie Abraham Melzer, die Kampagne gegen die gähnend langweiligen und altbekannten Bemerkungen eines Ludwig Watzals oder gegen den Film Apocalypse Now waren alles andere als ein Ruhmesblatt. Nichts gegen Polemik, aber sie sollte halt dem gesetzlichen Rahmen entsprechen, allein schon, weil es sonst zu Urteilen kommt wie dem gegenSamuel Laster. Das bringt keinem was, egal, wie man da zur Frage von Schuld und zur Haltung von Watzal stehen mag.
Ich wünsche mir, dass diese selbsternannten Vortruppen - ich würde sie ja eher als Etappenhengste bezeichnen, nur meine Meinung - ihren Kampf, wenn sie ihn schon betreiben, intelligent und angemessen durchführen. Denn das Geheule des letzten Jahres drang über das Internet und die Winzprojekte der Kombattanten kaum hinaus. Und wenn man sich so die allgemeinen Reaktionen auf Broders Einlassungen bei Spiegel Online anschaut - jenseits der rechtsgerichteten Blogosphäre, die sich stolz mit Broder ablichten lassen - dann möchte ich auch die Wirksamkeit dieses früheren publizistischen Schwergewichts massiv bezweifeln.
Wenn ich das mal so hart sagen darf: Die jüdische Publizistik ist danl solcher Vorgehensweisen inzwischen weitgehend wirkungslos. Und das ist nicht das Problem der Deutschen, sondern das Problem unserer eigenen Qualität. Beispiele gäbe es genug: Wo bleiben denn die Insiderberichte aus Krisengemeinden wie Berlin oder Hamburg? Wo wird denn mal offen intern darüber debattiert, ob man der Renaissance von Friedman und seinem Nichts ausschliessen in Bezug auf den Zentralrat akzeptieren soll? Wo stehen wir mit der Integration wirklich? Wo bleiben die Debatten wegen der versauten Finanzen und Skandale in Brandenburg und Sachsen-Anhalt? An diesen Stellen liefern wir die Munition der anderen Seite, das kann angesichts prekärer Finanzen schnell ins Auge gehen, und wie manches orthodoxe oder liberale Grüppchen auf Kollisionskurs schon erfahren durfte, spielen die Landesregierungen auch nicht mehr bei jedem Geschrei mit.
Statt dessen wird weiter an "den Deutschen" rumgemäkelt, weil sie antiamerikanisch seien, Israel schlechte Presse hätte und dergleichen simple Dinge mehr. Das ist einfach, das geht schnell, da ruft man ein paar Kumpels an, und wenn es denn nur genügend Rechtsextremisten auf dem Philosemitentripp abgeschrieben haben, klopft man sich auf die Schulter. Ohne auch nur wahrzunehmen, dass dergleichen noch nicht mal in den jüdischen Gemeinden ankommt, die ganz andere Probleme haben.
Insofern wäre es nett, wenn die ganze Bagage mit ihrem Anspruch, die Jüdische Stimme zu sein, genau diesen Anspruch mal eine Weile weglassen würde und ihren kleinen Dreckskrieg unter der eigenen Verantwortung im Unterholz des Netzes und mit- brandaktuell - rechtlichen Mitteln führt, wenn sie es denn für nötig halten. Ich, mit Verlaub, finde es bescheuert. Vor allem, weil mit solchen Vorgehensweisen wir alle von dieser kleinen Gruppe instrumentalisiert werden.
Also, packt Euch wenigstens 2006. Nochmal so ein Jahr wie 05 braucht keiner.
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shadowking,
Sonntag, 1. Januar 2006, 10:23
Oh oh, wenn das der Modest liest wirst Du bestimmt Nachfolger von Elfriede Jelinek in seiner Rubrik "Schmock der Woche".
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uceda,
Montag, 2. Januar 2006, 03:26
Würde das noch irgendwen jucken?
Ich tue mir schwer, Leute noch ernst zu nehmen, wenn sie das Frontpagemag promoten. Broder sägt im Moment kräftig an seiner Reputation, da ist m. E. kein Esprit mehr, nur die immer gleichen Witzchen. Und abgesehen davon bin ich als Journalist viel zu langweilig, um besondere Kanten zu haben. Ich schreibe halt über das Judentum, und zwar so, dass mich keiner wirklich mag, aber auch keiner was machen will.
Vermutlich bin ich einfach zu langweilig und unbedeutend für solche Eskapaden anderer Leute.
Ich tue mir schwer, Leute noch ernst zu nehmen, wenn sie das Frontpagemag promoten. Broder sägt im Moment kräftig an seiner Reputation, da ist m. E. kein Esprit mehr, nur die immer gleichen Witzchen. Und abgesehen davon bin ich als Journalist viel zu langweilig, um besondere Kanten zu haben. Ich schreibe halt über das Judentum, und zwar so, dass mich keiner wirklich mag, aber auch keiner was machen will.
Vermutlich bin ich einfach zu langweilig und unbedeutend für solche Eskapaden anderer Leute.
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ta_nja,
Montag, 2. Januar 2006, 12:47
Ich wusste ja stets,
warum ich Chuzpe lese. Wegen solchen Postings. Klug und klar und nicht langweilig und auch nicht nörgelig, sondern dem Namen entsprechend.
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che2001,
Montag, 9. Januar 2006, 11:35
Was für eine Kampagne gegen den Film Apocalypse Now denn? Klär mich auf!
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noergler,
Freitag, 20. Januar 2006, 01:22
Herr Broder, dem philosemitischen Ambiente in Umgang, Wort und Bild sonst eher zugeneigt, hat - unter dem Eindruck der von uceda mehrfach geführten Hammerschläge - gestern im Spon seine in Wahrheit doch anti-philosemitsche Gesittung dartun dürfen.
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