Freitag, 20. Januar 2006
Nervthema Juden
uceda, 22:34h
ich musste diese Woche einen Artikel schreiben. An sich nichts besonderes, wenn es sich nicht darum gehandelt hätte, einen neutralen Artikel über zwei Personen zu schreiben, die eigentlich keine Neutralität brauchen, sondern eigentlich nur einen gemeinsamen Raum, wo sie sich weitab jeder Zivilisation das antun können, was sie sich antun möchten. Ich rede vom Konflikt Abi Melzer (unbedeutender Verleger) gegen Henryk Broder (Journalist, der weitaus bessere Tage hatte). Beide schädigen meines Erachtens das Ansehen des Judentums, weil sie ihren Streit um Sachthemen mit den maximalen Keulen des Nazivergleichs austragen. Wobei die Verwendung des Begriff "Berufsüberlebender" durch Broder nach meinem Dafürhalten für alle seine Arbeitgeber ohnehin ein Anlass sein könnte, sich die nicht in Medien veröffentlichten Einlassungen von Broder der letzten Jahre mal genauer anzuschauen. Dass es auf der Linie des real existierenden SPIEGELs liegt, ist irgendwo verständlich, aber in einigen Texten sind einfach Grenzen weit hinter jeder Polemik überschritten.
Natürlich könnte man sagen, dass Juden mit Worten ebenso rumsaubeuteln dürfen wie alle anderen. Wenn sich schon Neonazis, Wirtschaftsbosse und Politiker jeder Coleur nicht an Mindeststandards halten, warum sollte das ein Jude tun? Muss nicht sein, wenn er den Ruf eines anderen Juden kaputt machen will - und vielleicht noch vorhat, durch den Skandal etwas gegen die eigene Bedeutungslosigkeit zu tun. Das Problem ist die logische Konsequenz für die Umwelt, die da lautet: "Die Juden sagen doch selbst..."
Broder dürfte das egal sein; es dauert noch lange, bis die Vorsicht im Umgang mit dem Judentum, die in gewissen Bereichen sicher nicht sinnlos ist, durch Aktionen wie die Seinigen abgeschliffen ist. Er selbst wird vermutlich nicht mehr in den "Genuss" kommen, auf die gleiche Art - vorsicht - "behandelt" zu werden, ganz gleich, wie er seine problematischen Kampagnen gegen Oliver Gehrs und andere durchzieht. Dass er jetzt in der Sache Melzer- mal wieder - vor Gericht steht, ist eine menge Publicity für kleines Geld, mit der er den Verteidiger der jüdischen Sache geben kann.
Es sind diese billigen Nummern, dieses platte Gewäsch von beiden Seiten, die das Thema so eklig machen, es ist jüdischer Streit auf unterstem Niveau, es kotzt einen beim Schreiben an, weil im Prinzip beide Recht haben, die jeweils andere Seite ist schlichtweg unerträglich, eine Belästigung und ein brilliantes Argument für alle, die über Juden herziehen wollen. Und das nur wegen eines Buches, in dem ein gewisser Hajo Meyer eine - meines Erachtens - saublöde, dummkontoverse Attacke auf Irael reitet. So what. Man könnte einfach ein paar Witzchen drüber reissen, oder mal debattieren, was Zionismus wirklich noch bedeutet, wenn die Leute in Scharen das gelobte Land Richtung Deutschland verlassen. Wäre doch mal prima.
Statt dessen - dieser Mist, angerichtet von ein paar leuten, denen man gerne den Ruhestand wünschen möchte. Soll Melzer doch Grabwache bei Arafat machen, soll Broder doch ein Bildungszentrum für angehende rechts-neoconservative Judenanschleimer aufmachen, aber bitte: Nicht mehr die Öffentlichkeit mit diesem piefigen, privaten Kleinscheiss belästigen.
So. Jetzt ist es raus, jetzt geht´s wieder. Ich persönlich glaube, dass Broder den Prozess am 27.1. verliert. Und es wird mich nicht mal betroffen machen. Umgekehrt aber auch nicht.
Natürlich könnte man sagen, dass Juden mit Worten ebenso rumsaubeuteln dürfen wie alle anderen. Wenn sich schon Neonazis, Wirtschaftsbosse und Politiker jeder Coleur nicht an Mindeststandards halten, warum sollte das ein Jude tun? Muss nicht sein, wenn er den Ruf eines anderen Juden kaputt machen will - und vielleicht noch vorhat, durch den Skandal etwas gegen die eigene Bedeutungslosigkeit zu tun. Das Problem ist die logische Konsequenz für die Umwelt, die da lautet: "Die Juden sagen doch selbst..."
Broder dürfte das egal sein; es dauert noch lange, bis die Vorsicht im Umgang mit dem Judentum, die in gewissen Bereichen sicher nicht sinnlos ist, durch Aktionen wie die Seinigen abgeschliffen ist. Er selbst wird vermutlich nicht mehr in den "Genuss" kommen, auf die gleiche Art - vorsicht - "behandelt" zu werden, ganz gleich, wie er seine problematischen Kampagnen gegen Oliver Gehrs und andere durchzieht. Dass er jetzt in der Sache Melzer- mal wieder - vor Gericht steht, ist eine menge Publicity für kleines Geld, mit der er den Verteidiger der jüdischen Sache geben kann.
Es sind diese billigen Nummern, dieses platte Gewäsch von beiden Seiten, die das Thema so eklig machen, es ist jüdischer Streit auf unterstem Niveau, es kotzt einen beim Schreiben an, weil im Prinzip beide Recht haben, die jeweils andere Seite ist schlichtweg unerträglich, eine Belästigung und ein brilliantes Argument für alle, die über Juden herziehen wollen. Und das nur wegen eines Buches, in dem ein gewisser Hajo Meyer eine - meines Erachtens - saublöde, dummkontoverse Attacke auf Irael reitet. So what. Man könnte einfach ein paar Witzchen drüber reissen, oder mal debattieren, was Zionismus wirklich noch bedeutet, wenn die Leute in Scharen das gelobte Land Richtung Deutschland verlassen. Wäre doch mal prima.
Statt dessen - dieser Mist, angerichtet von ein paar leuten, denen man gerne den Ruhestand wünschen möchte. Soll Melzer doch Grabwache bei Arafat machen, soll Broder doch ein Bildungszentrum für angehende rechts-neoconservative Judenanschleimer aufmachen, aber bitte: Nicht mehr die Öffentlichkeit mit diesem piefigen, privaten Kleinscheiss belästigen.
So. Jetzt ist es raus, jetzt geht´s wieder. Ich persönlich glaube, dass Broder den Prozess am 27.1. verliert. Und es wird mich nicht mal betroffen machen. Umgekehrt aber auch nicht.
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ta_nja,
Dienstag, 24. Januar 2006, 01:06
Ich weiss nicht, was du damit meinst und es würde mich sehr interessieren: "wenn die Leute in Scharen das gelobte Land Richtung Deutschland verlassen." Worauf gründet diese Aussage. Kennst du viele solche? Oder kennst du Zahlen dazu?
Mir ist aufgefallen, dass es mehr Rückkehrer gibt (in die Schweiz). Leute, die ausgewandert sind schicken ihre Kinder, die teilweise noch einen Schweizer Pass haben, wieder hierhin und ziehen dann sogar nach. Obwohl es ziemlich unattraktiv ist, in der Schweiz in einem Hochhaus zu wohnen und als Rückkehrer stempeln zu gehen, wenn man von "Rungholt" kommt.
Da ich bereits in einige Fettnäpfe getreten bin, dachte ich bis zu der Bemerkung hier, mein Eindruck täusche.
BTW: Wieder einmal ein sehr pointierter Blogbeitrag, danke sehr.
Mir ist aufgefallen, dass es mehr Rückkehrer gibt (in die Schweiz). Leute, die ausgewandert sind schicken ihre Kinder, die teilweise noch einen Schweizer Pass haben, wieder hierhin und ziehen dann sogar nach. Obwohl es ziemlich unattraktiv ist, in der Schweiz in einem Hochhaus zu wohnen und als Rückkehrer stempeln zu gehen, wenn man von "Rungholt" kommt.
Da ich bereits in einige Fettnäpfe getreten bin, dachte ich bis zu der Bemerkung hier, mein Eindruck täusche.
BTW: Wieder einmal ein sehr pointierter Blogbeitrag, danke sehr.
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uceda,
Dienstag, 24. Januar 2006, 01:56
Mit Zahlen werfen zionistische Organisationen nicht um sich, aber es dürften bundesweit keine 100 Leute im Jahr sein, die fest nach israel auswandern. Umgekehrt gibt es einen ziemlich grossen Strom an Studenten, Managern, Unternehmern sowie älteren Menschen, die mehr oder weniger dauerhaft hierbleiben, oft unter Hinweis auf aus Deutschland stammende Vorfahren. Schätzungen von vor 3 Jahren sagten sowas von rund 12.000 Israelis in Deutschland, jedes Jahr kommen rund 1000 dazu. Liegt auch an der Intifada, der Wirtschaftskrise und den enormen Steuern in Israel, im Gegenzug sind hochqualifizierte Leute in Deutschland heiss begehrt, und die Ansiedlungsagenturen der Bundesländer reissen sich um Israelis.
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ta_nja,
Donnerstag, 26. Januar 2006, 17:02
Herzlichen Dank für die aufschlussreiche Antwort.
(Isreals Wirtschaftskrise wird - jedenfalls in der Schweizer Presse - etwa so häufig thematisiert wie die Madagascars.)
(Isreals Wirtschaftskrise wird - jedenfalls in der Schweizer Presse - etwa so häufig thematisiert wie die Madagascars.)
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philosoph,
Freitag, 27. Januar 2006, 17:03
Broder unterliegt in 2 von 3 Punkten!
Endlich mal ein Artikel, der den Eindruck, den ich bei der mündlichen Verhandlung als Zuhörer gewann, zutreffend widergibt. Daß es sich nämlich im Kern um einen höchstpersönlichen Streit handelt, dem die Justiz gezwungenermaßen die Bühne bieten muß, auf der sich zwei Leute befehden, die seit Jahren nur noch in Form beleidigender E-Mails miteinander kommunizieren.
Daß Broder nun in 2 von 3 Punkten unterlegen ist, spielt eigentlich keine Rolle. Hier der link zur Presserklärung des Gerichts:
http://www.lg-frankfurt.justiz.hessen.de/internet/lg-frankfurt.nsf/vwContentByKey/W26LFGNT262JUSZDE
Daß Broder nun in 2 von 3 Punkten unterlegen ist, spielt eigentlich keine Rolle. Hier der link zur Presserklärung des Gerichts:
http://www.lg-frankfurt.justiz.hessen.de/internet/lg-frankfurt.nsf/vwContentByKey/W26LFGNT262JUSZDE
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che2001,
Samstag, 28. Januar 2006, 15:01
Es sind beides Chaoten, schwierige Charaktere und Leute, die ohne Not in ihren Polemiken Geschütze auffahren, die sehr viel schwerer sind als notwendig wäre. Nachdem Broder aber im Lager der Neoconnerds gelandet ist, und schon nach seinem Bellizismus seit dem 11.09., erfreut mich jeder Rückzieher, den dieser Mann in der Öffentlichkeit machen muss. Ich kann in Ansätzen sogar verstehen, wie er da hinkommt, wo er steht - dennoch wird das, was er sagt, dadurch nicht richtiger, und die Art, wie er es sagt, nicht weniger unsäglich.
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philosoph,
Sonntag, 29. Januar 2006, 09:17
Wohl wahr!
Übrigens soll sich Broder laut FAZ-Artikel bereits vor der Urteilsverkündung folgendermaßen geäußert haben:
"Es bleibt der Hautgout, daß die Erben der Firma Freisler entscheiden, was antisemitisch ist und was nicht."
Die FAZ kommentierte zutreffend, dieser Satz bezeuge, daß Broder zuweilen rede bevor er denke.
http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~EB11E0083BBE54D74B0927336FB32865F~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Ich würde das mit der Frage verbinden, ob Broder auch der Ansicht ist, daß diejenigen Polizeibeamten, die hierzulande gefährdete Einrichtungen oder Personen schützen, darunter übrigens auch jüdische, vielleicht sogar Broder selbst, ob diese Beamten seines Erachtens die Erben der Firma Heydrich sind. Folgerichtig wäre das. Und auch genauso absurd.
Damit will ich nicht gesagt haben, daß in diesem Land mit den Bürgerrechten alles zum besten steht, ganz und gar nicht, aber diejenigen Institutionen, die immerhin ein gewisses Minimum an Rechtsstaatlichkeit garantieren, und deren Hilfe Herr Broder bei anderer Gelegenheit nur allzu selbstverständlich und zu Recht in Anspruch nimmt, nun in direkte Verbindung mit nationalsozialistischen Unrechtsorganisationen zu bringen, ist nicht nur intellektuell, sondern auch moralisch verwerflich. Und dies, wo Broder doch sonst gern den Eindruck erzeugen will, er habe die Moral gepachtet.
Neulich ist im Berliner Stadtmagazin "tip" wieder einmal die "Liste der 100 peinlichsten Berliner" erschienen. Ich weiß nicht mehr, wer für das Jahr 2005 gewonnen hat, mein persönlicher Favorit wäre bis vor kurzem "Wowi" (i.e. Klaus Wowereit, Reg. Bürgermeister) gewesen, aber Henryk Broder tut derweil alles, um auch dort einmal ganz oben zu stehen. Wünschen wir ihm also, daß seine Bemühungen, was 2006 angeht, nicht umsonst sein werden.
Übrigens soll sich Broder laut FAZ-Artikel bereits vor der Urteilsverkündung folgendermaßen geäußert haben:
"Es bleibt der Hautgout, daß die Erben der Firma Freisler entscheiden, was antisemitisch ist und was nicht."
Die FAZ kommentierte zutreffend, dieser Satz bezeuge, daß Broder zuweilen rede bevor er denke.
http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~EB11E0083BBE54D74B0927336FB32865F~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Ich würde das mit der Frage verbinden, ob Broder auch der Ansicht ist, daß diejenigen Polizeibeamten, die hierzulande gefährdete Einrichtungen oder Personen schützen, darunter übrigens auch jüdische, vielleicht sogar Broder selbst, ob diese Beamten seines Erachtens die Erben der Firma Heydrich sind. Folgerichtig wäre das. Und auch genauso absurd.
Damit will ich nicht gesagt haben, daß in diesem Land mit den Bürgerrechten alles zum besten steht, ganz und gar nicht, aber diejenigen Institutionen, die immerhin ein gewisses Minimum an Rechtsstaatlichkeit garantieren, und deren Hilfe Herr Broder bei anderer Gelegenheit nur allzu selbstverständlich und zu Recht in Anspruch nimmt, nun in direkte Verbindung mit nationalsozialistischen Unrechtsorganisationen zu bringen, ist nicht nur intellektuell, sondern auch moralisch verwerflich. Und dies, wo Broder doch sonst gern den Eindruck erzeugen will, er habe die Moral gepachtet.
Neulich ist im Berliner Stadtmagazin "tip" wieder einmal die "Liste der 100 peinlichsten Berliner" erschienen. Ich weiß nicht mehr, wer für das Jahr 2005 gewonnen hat, mein persönlicher Favorit wäre bis vor kurzem "Wowi" (i.e. Klaus Wowereit, Reg. Bürgermeister) gewesen, aber Henryk Broder tut derweil alles, um auch dort einmal ganz oben zu stehen. Wünschen wir ihm also, daß seine Bemühungen, was 2006 angeht, nicht umsonst sein werden.
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