Freitag, 20. Januar 2006

Nervthema Atombomben
In der Haaretz ist ein sehr feiner Artikel zum Umgang mit dem Iran durch führende israelische Politiker, insbesondere der vergleich zwischen Olmert und Sharon. Kurz gesagt: Sharon dachte nach, bevor er den Mund aufgemacht hat, und er dachte an Verbündete. Olmert dagegen, mit seiner Ankündigung, Israel werde keine atomare Bedrohung dulden, hat einen Fehler gemacht, der der westlichen Welt das Vorgehen gegen den Iran massiv erschwert.

Es ist Wahlkampf. Olmert sitzt nicht fest im Sattel. Ob er Ministerpräsident bleibt, wage ich zu bezweifeln. Insofern sind solche markigen Sprüche verständlich, und im Kern auch richtig. Nur: Wenn man es Ernst meint, muss man zuerst zuschlagen und dann reden, wie im Fall der irakischen Atomanlagen. Oder man macht es in zusammenarbeit mit anderen Staaten. Dann muss man ihnen helfen. Und das geht nicht mit leeren Drohungen, von dem Pack gibt es auf der anderen Seite ohnehin zu viel.

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Nervthema Juden
ich musste diese Woche einen Artikel schreiben. An sich nichts besonderes, wenn es sich nicht darum gehandelt hätte, einen neutralen Artikel über zwei Personen zu schreiben, die eigentlich keine Neutralität brauchen, sondern eigentlich nur einen gemeinsamen Raum, wo sie sich weitab jeder Zivilisation das antun können, was sie sich antun möchten. Ich rede vom Konflikt Abi Melzer (unbedeutender Verleger) gegen Henryk Broder (Journalist, der weitaus bessere Tage hatte). Beide schädigen meines Erachtens das Ansehen des Judentums, weil sie ihren Streit um Sachthemen mit den maximalen Keulen des Nazivergleichs austragen. Wobei die Verwendung des Begriff "Berufsüberlebender" durch Broder nach meinem Dafürhalten für alle seine Arbeitgeber ohnehin ein Anlass sein könnte, sich die nicht in Medien veröffentlichten Einlassungen von Broder der letzten Jahre mal genauer anzuschauen. Dass es auf der Linie des real existierenden SPIEGELs liegt, ist irgendwo verständlich, aber in einigen Texten sind einfach Grenzen weit hinter jeder Polemik überschritten.

Natürlich könnte man sagen, dass Juden mit Worten ebenso rumsaubeuteln dürfen wie alle anderen. Wenn sich schon Neonazis, Wirtschaftsbosse und Politiker jeder Coleur nicht an Mindeststandards halten, warum sollte das ein Jude tun? Muss nicht sein, wenn er den Ruf eines anderen Juden kaputt machen will - und vielleicht noch vorhat, durch den Skandal etwas gegen die eigene Bedeutungslosigkeit zu tun. Das Problem ist die logische Konsequenz für die Umwelt, die da lautet: "Die Juden sagen doch selbst..."

Broder dürfte das egal sein; es dauert noch lange, bis die Vorsicht im Umgang mit dem Judentum, die in gewissen Bereichen sicher nicht sinnlos ist, durch Aktionen wie die Seinigen abgeschliffen ist. Er selbst wird vermutlich nicht mehr in den "Genuss" kommen, auf die gleiche Art - vorsicht - "behandelt" zu werden, ganz gleich, wie er seine problematischen Kampagnen gegen Oliver Gehrs und andere durchzieht. Dass er jetzt in der Sache Melzer- mal wieder - vor Gericht steht, ist eine menge Publicity für kleines Geld, mit der er den Verteidiger der jüdischen Sache geben kann.

Es sind diese billigen Nummern, dieses platte Gewäsch von beiden Seiten, die das Thema so eklig machen, es ist jüdischer Streit auf unterstem Niveau, es kotzt einen beim Schreiben an, weil im Prinzip beide Recht haben, die jeweils andere Seite ist schlichtweg unerträglich, eine Belästigung und ein brilliantes Argument für alle, die über Juden herziehen wollen. Und das nur wegen eines Buches, in dem ein gewisser Hajo Meyer eine - meines Erachtens - saublöde, dummkontoverse Attacke auf Irael reitet. So what. Man könnte einfach ein paar Witzchen drüber reissen, oder mal debattieren, was Zionismus wirklich noch bedeutet, wenn die Leute in Scharen das gelobte Land Richtung Deutschland verlassen. Wäre doch mal prima.

Statt dessen - dieser Mist, angerichtet von ein paar leuten, denen man gerne den Ruhestand wünschen möchte. Soll Melzer doch Grabwache bei Arafat machen, soll Broder doch ein Bildungszentrum für angehende rechts-neoconservative Judenanschleimer aufmachen, aber bitte: Nicht mehr die Öffentlichkeit mit diesem piefigen, privaten Kleinscheiss belästigen.

So. Jetzt ist es raus, jetzt geht´s wieder. Ich persönlich glaube, dass Broder den Prozess am 27.1. verliert. Und es wird mich nicht mal betroffen machen. Umgekehrt aber auch nicht.

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