Donnerstag, 2. Februar 2006

Hagalil wurde gehackt
Uh-oh, das zentrale private jüdische Webmagazin Hagalil und alle seine Unterseiten sind weg, laut Aussage von Telepolis durch einen ungeklärten Hackerangriff. Hoffen wir mal, dass sie ein Backup haben; es wäre schlimm, wenn es nach dem Ausfall des recht offenen Hagalil nur noch andere - vorsichtig gesagt - recht parteiische jüdische Seiten im Netz finden würden.

Von der Politik verlassen, jetzt gehackt - gar nicht schön, das. Wenn das so weiter geht, bleibt nur noch der Rückgriff auf die Jüdische Allgemeine - und die ist leider auch erheblich von gewissen Leuten aus dem Broder-Umfeld beeinflusst. Es ist halt nicht mehr journalistisch ausgewogen, wenn ausgerechnet Leon de Winter über Broder schreibt, oder gewisse Themen über das Achsen-des-Guten-Mitglied Kaufmann einen, na, sagen wir mal, achsentypischen Drall bekommen.

Manche Sachen waren ja auch bei Hagalil etwas grenzwertig - hier zum Beispiel assistierte Broder dem "Antideutschen" Ralf Schröder, gegen den der Journalist Igal Avidan rechtlich vorgeht; wer lässt sich schon von einem dahergelaufenen Aktivisten gern unflätig beschimpfen. Delikat an der Sache ist, dass Ralf Schröder wiederum im Umfeld von Broder auftaucht, wenn der seine - inzwischen weitgehend gerichtlich untersagten - Vorwürfe gegen den Verleger Abraham Melzer formuliert. Genauer, bei der Veranstaltung in Leipzig, die der Aufhänger von Broders Einlassungen war. (Das alles steht übrigens auch in der jüdischen Schweizer Zeitschrift Tachles, man kann sich also fragen, wann auch mich der Vorwurf des jüdischen Selbsthasses aus einem gewissen Umfeld ereilt ;-))

Wie auch immer, man konnte das alles bei Hagalil im Forum diskutieren. Ist ja auch lustig. Also, mehr oder weniger. Wenn das Forum da ist. Hoffen wir mal.

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Samstag, 31. Dezember 2005

Blick zurück in - naja.
Achtung Nörgelcontent.

Es ist ja nicht so, dass es nicht schon genug Probleme gäbe. 2005, wenn man hier ein christliches Jahr als Grundlage nehmen darf, sah weltweit, in Israel und in Deutschland eine ganze Latte höchst unangenehmer Erscheinungen. In Amerika sind christliche Extremisten auf dem Vormarsch, Stichwort "Intelligent Design" an den Schulen, was in der Praxis eine Dominanz christlicher Inhalte bedeutet. Es ist mir durchaus klar, dass die Geschichte der Schöpfung vonen denen nur aus der Torah geklaut wurde, dass es neben den vielen jüdische n Protesten auch ein paar Juden gibt, die sowas unterstützen - lästig ist das Ergebnis allemal.

Und es geht mir persönlich einfach näher als die Sickos im Iran mit ihrer PR-Kampagne gegen Israel in der arabischen Welt. Einerseits vermag ich da trotz all der Aufregungen nicht mehr drin sehen als billige Awareness, zum anderen ist man das ja gewohnt. Es ist halt bitter, wenn man sieht, wie auf der eigenen Seite das von den Deppen kassiert wird, was die Gegner ohnehin schon längst weghaben wollen. Leiden tut die Mitte, die Aufklärung und alle, für die das Judentum einfach mehr oder weniger ein Lebensstil ist, aber nichts, hinter dessen Fahnen man stets stramm stehen müsste, wie es angesichts der Entwicklungen immer wieder mal gefordert wird. Ich mag keine iranischen Atomraketen, ich mag aber auch keinen israelischen Militärschlag gegen den Iran, der die Welt nochmal destabilisiert - zumindest nicht, bevor nicht alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Und es kotzt mich an zu sehen, wer diejenigen sind, die das gern anders hätten. Nicht die Leute, die ich in Israel kenne und die es primär angeht - die haben aufgrund ihres Wissens eine recht plausible Haltung. Ich meine die Hetzbattalione im von ihnen als "Westen" bezeichneten Lager der Neocons, angefangen bei Wolfowitz über Limbaugh, das Frontpagemag und ihre deutschen Freunde bis zum Henryk Broder, der in meinen Augen sowas wie die Enttäuschung des Jahres ist, neben einigen schhlimmen innerjüdischen Geschichten in Deutschland.

Denn es bringt gar nichts, immer nur "den Antisemitismus" zu verschreien, wenn man grad keine Argumente hat. Broder und all die anderen wie Honestly Concerned, Die Jüdische oder auch die diversen nichtjüdischen Zulieferer, die bei der jüdischen Allgemeinen den jungen Sharon geben, sorgen nur dafür, dass uns die Munition ausgeht, wenn es mal wieder richtige Probleme gibt. Das Vorgehen gegen Leute wie Oliver Gehrs oder Juden mit anderen Meinungen wie Abraham Melzer, die Kampagne gegen die gähnend langweiligen und altbekannten Bemerkungen eines Ludwig Watzals oder gegen den Film Apocalypse Now waren alles andere als ein Ruhmesblatt. Nichts gegen Polemik, aber sie sollte halt dem gesetzlichen Rahmen entsprechen, allein schon, weil es sonst zu Urteilen kommt wie dem gegenSamuel Laster. Das bringt keinem was, egal, wie man da zur Frage von Schuld und zur Haltung von Watzal stehen mag.

Ich wünsche mir, dass diese selbsternannten Vortruppen - ich würde sie ja eher als Etappenhengste bezeichnen, nur meine Meinung - ihren Kampf, wenn sie ihn schon betreiben, intelligent und angemessen durchführen. Denn das Geheule des letzten Jahres drang über das Internet und die Winzprojekte der Kombattanten kaum hinaus. Und wenn man sich so die allgemeinen Reaktionen auf Broders Einlassungen bei Spiegel Online anschaut - jenseits der rechtsgerichteten Blogosphäre, die sich stolz mit Broder ablichten lassen - dann möchte ich auch die Wirksamkeit dieses früheren publizistischen Schwergewichts massiv bezweifeln.

Wenn ich das mal so hart sagen darf: Die jüdische Publizistik ist danl solcher Vorgehensweisen inzwischen weitgehend wirkungslos. Und das ist nicht das Problem der Deutschen, sondern das Problem unserer eigenen Qualität. Beispiele gäbe es genug: Wo bleiben denn die Insiderberichte aus Krisengemeinden wie Berlin oder Hamburg? Wo wird denn mal offen intern darüber debattiert, ob man der Renaissance von Friedman und seinem Nichts ausschliessen in Bezug auf den Zentralrat akzeptieren soll? Wo stehen wir mit der Integration wirklich? Wo bleiben die Debatten wegen der versauten Finanzen und Skandale in Brandenburg und Sachsen-Anhalt? An diesen Stellen liefern wir die Munition der anderen Seite, das kann angesichts prekärer Finanzen schnell ins Auge gehen, und wie manches orthodoxe oder liberale Grüppchen auf Kollisionskurs schon erfahren durfte, spielen die Landesregierungen auch nicht mehr bei jedem Geschrei mit.

Statt dessen wird weiter an "den Deutschen" rumgemäkelt, weil sie antiamerikanisch seien, Israel schlechte Presse hätte und dergleichen simple Dinge mehr. Das ist einfach, das geht schnell, da ruft man ein paar Kumpels an, und wenn es denn nur genügend Rechtsextremisten auf dem Philosemitentripp abgeschrieben haben, klopft man sich auf die Schulter. Ohne auch nur wahrzunehmen, dass dergleichen noch nicht mal in den jüdischen Gemeinden ankommt, die ganz andere Probleme haben.

Insofern wäre es nett, wenn die ganze Bagage mit ihrem Anspruch, die Jüdische Stimme zu sein, genau diesen Anspruch mal eine Weile weglassen würde und ihren kleinen Dreckskrieg unter der eigenen Verantwortung im Unterholz des Netzes und mit- brandaktuell - rechtlichen Mitteln führt, wenn sie es denn für nötig halten. Ich, mit Verlaub, finde es bescheuert. Vor allem, weil mit solchen Vorgehensweisen wir alle von dieser kleinen Gruppe instrumentalisiert werden.

Also, packt Euch wenigstens 2006. Nochmal so ein Jahr wie 05 braucht keiner.

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Sonntag, 19. Juni 2005

Mal wieder im Fränkischen,
genauer, in Fürth gewesen. Die Reichsstadt Nürnberg hatte im späten Mittelalter das Judenviertel mit einer der damals typischen Vertreibungen zerstört, also siedelten sich die Juden ein paar Kilometer weiter in Fürth an. Und waren, wie auch an anderen Orten, sehr erfolgreich im Geschäft mit einem der wichtigsten Luxusgüter der Neuzeit: Dem Spiegel. Das erklärt auch, warum Namen wie "Spiegel" oder "Spiegelmann" im Judentum ziemlich häufig sind.

Ironischerweise sind es die Spiegel, oder besser ihre Herstellung, die dann auch Fürth bis heute prägen: In jedem Altstadthaus besteht die gefahr, dass die Balken immer noch mit den giftigen Rückständen der Produktion gefüllt sind. Für Spiegel benötigte man Quecksilber, dessen Giftigkeit damals noch unbekannt war - mitunter galt es auch als Medizin. Das hat sich im Holz auch über 100 Jahre nach dem Ende der Fürther Spiegelmacher gehalten. Wer mal im Jüdischen Museum im Speicher ist, wird jetzt auch nach Jahren noch den typischen Geruch der Entgiftung in die Nase bekommen; schwer, süsslich, stickig.

Die manshohen Fürther Spiegel der damaligen Zeit mit Schliff und Ätzung zieren heute dieNobelappartments rund um die Welt, und Antiquitätenhändler schwören darauf, dass sie aus Venedig kommen. Insofern ist das Quecksilber fast das Einzige was bleibt - nur manchmal kommt noch einer dieser Spiegel aus einem hiesigen Haushalt, wo er weggekauft wird und im Antikhandel verschwindet.

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Freitag, 24. Dezember 2004

Aber Hallo!
Unsere Freunde von Heeb kommen über den grossen Teich - zumindest bis nach London, wo es zum Beginn des Vertriebs auch ein Filmfest gibt. Wieviel Kilometer sind es nochmal von London nach Berlin?

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Mittwoch, 1. September 2004

1.9.1939
Auch schon tausend Jahre früher haben sich die Polen gegen Agressoren gewehrt.



Denkmal für die Schlacht bei Cedynia, 972. Auf ehemaligem "Deutschen Reichsgebiet".

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Dienstag, 27. April 2004

So sieht übrigens Abe Foxman aus,
- seines Zeichens Chef der Anti Defamation League - wenn er sich eine nicht unkritische Frage zur Strategie der ADL anhört.



Um es härter, 40er schwarze Serie mässig scheinen zu lassen, hier in schwarzweiss. Ich hab aber auch noch ein nettes Photo von ihm.

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Donnerstag, 1. April 2004

Solange
noch jemand in der Sonne sitzt und Bücher liest, und es für einen anderen keine Rolle spielt, was im nahen Osten ist, denn hier reden wir über Biedermeier, Kirschholz und Tee, und verhandeln levantinisch - solange ist es hier echt ok.



Mindestens.

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Samstag, 21. Februar 2004

Kopfbau
Dieses Photo musste sein: Bald schlagen die Bäume aus, und dann verschwindet der berühmte Kopfbau der Gartenstadt Atlantic wieder hinter viel Grün. Art Deco mit einem Schuss bauhaus. Roaring 20ies at it´s best.



Und ausserdem eine ausgesprochen gute jüdische Geschichte in Deutschland. Die Geschichte eines jahrzehnte langen Kampfes, der einen guten Abschluss gefunden hat. Eine Success Story. Die ich mal erzählen sollte, wenn mehr Zeit ist.

Aber allein schon der gewagte Betongrat in der Fassade ist ein Genuss.

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Montag, 19. Januar 2004

Differenzierung
Der Trend, keine Frage, geht zum Zweitblog. Weil hier vieles einfach nicht reinpasst. Das hier ist ein Blog über Juden, Radio, unser Essen, die Kultur und die Konflikte des Alltags. Alles andere, wie z.B. Print, findet jetzt in einem anderen Blog statt. Radio und Print passt einfach nicht zusammen, und die Leute sind auch nicht die gleichen. Ausserdem sind es unterschiedliche Locations, Print ist in Berlin, Radio ist in München.



Ausserdem wollten die ein Blog. Sage also keiner, alle Journalisten wären verspiesserte Technikmuffel.

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Mittwoch, 31. Dezember 2003

slippery when wet


Da rutscht sie hin, die Hoffnung auf ein baldiges Frühjahr. Egal.

Gutn Rosch*!

*Wussten Sie schon? Der Gruss "Guten Rutsch" leitet sich nicht vom Glatteis ab, sondern vom Jiddischen. Gutn Rosch heisst es dort - und das kommt vom Begriff Rosch ha Schana, zu Deutsch Kopf des Jahres. So heisst das jüdische Neujahrsfest, einer der sogenannten hohen Feiertage.

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