Mittwoch, 3. Dezember 2003

Shaft´n´Hayes reloaded
The Hebrew Hammer läuft am 19. Dezember in den Staaten an, und entsprechend füllt sich die Filmwebsite mit Goodies. Auch der Remix der klassischen Shaft-Melody mit neuem Text und der überraschend stimmigen Klez-Klarinette steht als mp3 zum Download bereit.

Obendrein gibt es noch den Test, der klärt, ob man das Zeug zum Certified Circumcised Dick hat. I did it - und raus kam das:



Hard Hittin' Heeb
A Semitic Super Star, (sagt meine Mutter auch immer) you wear your big, black Gentile stomping boots with pride.(Schuhgrösse 45special) You slug Manischewitz (Schnaps) straight from the bottle, and wouldn't mix a hamburger with a Milkshake even if your life depended on it.(Arier nur als Vegetarier) The only time you remove your yarmulke is when you're hittin' the showers (which isn't that often).(Gut dass meine Mama das nicht liest) You're a 100% Kosher in every sense of the word. Shabat Shalom, Motherfu@^&rs!!!

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Donnerstag, 27. November 2003

The Hebrew Hammer revisited
Kurzkritik: Doch, ganz nett.

The Hebrew Hammer lässt kein Klischee aus, um sich dann darüber lustig zu machen. Der Film ist absolut respektlos; so bitterböse und zynisch in der Beiläufigkeit des Übertretens aller Grenzwerte, dass es manchmal selbst für Abgebrühte *etwas* viel wird.

Die Handlung ist ebenso simpel wie durchgeknallt: Der Weihnachtsmann fällt einem Komplott der Rentiere und seines Sohnes, der Weihnachtsmann anstelle des Weihnachtsmannes werden will, zum Opfer. Kaum an der Macht, macht der sich daran, Juden zu konvertieren und die jüdische Atomuhr für die Feiertage zu vernichten, um das jüdische Chanukka-Fest auszulöschen.

Auf der anderen Seite steht Mordechai, the Hebrew Hammer, im schwarzen Ledermantel, immer eine Kanone in der Hand und einen flotten Spruch auf den Lippen. Angeheuert von einem jüdischen Geheimdienst, verprügelt der Hammer Nazis, terrorisiert Antisemiten und jagt den Weihnachtsmann von New York über Jerusalem bis zum Showdown am Nordpol. Dazwischen legt er Frauen flach, was bei einem Mann nicht überraschen kann, auf dessen Bürotür "Certified Circumcised Dick" steht. Dabei wird kräftig in der Filmgeschichte geplündert. Shaft ist noch irgendwie logisch, aber Rambo und Hollywoods schwarze Serie sind beim Hammer auch dabei.

Es gibt ein paar echte Highlights. Allein die Eingangsszenen, ein Alptraumerlebnis des jungen Hammer in einer katholischen Schule zu Weihnachten, sind den Eintrittspreis wert. Danach fällt der Film immer wieder in nicht allzu sauber gemachten Klamauk ab. Wenn es um die Demontage der Kuppelei in der Familie geht, war Kissing Jessica weitaus witziger und treffender, ohne in die ganz tiefen Schubladen greifen zu müssen.

The Hebrew Hammer fängt die Defizite durch ein rasantes Tempo und viel Spielwitz auf. Der Sprachwitz geht dagegen unter - das Tohuwabohu aus Jiddisch und Rapper-Slang ist eher schwer zu verstehen, und eine deutsche Übersetzung scheint kaum möglich. Bei der Musik klappt´s aber mit dem Crossover: Das Shaft-Thema mit einer Klezmer-Fidel remixed - klingt verrückt, passt aber.

Der Low-Budget-Produktion sieht man dem Film allenthalben an, aber das verleiht ihm eher eine gewisse Authentizität. Dazu kommt eine ausgeprägte Lust am Minoritätenbewusstsein und an politischer Unkorrektheit, besonders bei der Darstellung des Katholizismus. Hier sind nicht die üblichen Hollywood-Stereotypen zu sehen, sondern etwas sehr bewusst anderes, das sich den Zwängen der geleckten Bilder entzieht.

Fazit: Man könnte einiges kritisieren. Aber seit den Marx Brothers hat sich niemand mehr an einen derartig unverschämt jüdischen Film gewagt. Die 500 Besucher in Berlin waren ziemlich angetan. Es sind 90 gelungene Minuten ohne Längen und Respekt vor irgendwas. Gläubige Katholiken werden ihn hassen.

Ja. Das ist ein Kompliment.

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Mittwoch, 26. November 2003

The Hebrew Hammer
gibt Berlin gleich was uffn Kopp: Der 1. jüdische Actionheld der Filmgeschichte steht vor seiner Europapremiere. Nichts für Freunde besinnlichen Dialogs: Der illegitime Sohn des Weihnachtsmannes will das jüdische Chanukka-Fest vernichten, um die Weltherrschaft für Weihnachten an sich zu reissen. Doch der Hebrew Hammer zeigt ihm mit der Agentin Esther und seinem Sidekick Mohammed, was eine jüdische Harke ist!

Irrsinnsklamauk zwischen Marvelcomic und Blaxploitation. Mehr Infos hier und hier.

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Montag, 17. November 2003

Jubel No. 3: Ich mag Dan Zevins Uncool
Und ich hasse Illies. Kein noch so stimmungsvoller Abend am Schreibtisch....

...kann dieses gallige Würgen unterdrücken, das ich jedesmal bekomme, wenn mein Blick auf das Rezensionsexemplar von Golf 2 fällt. Dieser neoconservative Schnösel aus Hohmanns Wahlkreis, diese Barbourjackenfummeltrine, dieser Gaudidiskriminierer, den es wahrscheinlich zutieft ärgert, dass sich kein Rezensent über seine non-pc-Sager mehr aufregt, dieses BWLer-Abgöttchen erlebt gerade zurecht, wie sein Machwerk aus den Regalen verschwindet, in Richtung Ramsch, da, wo es zwischen Pilcher-Sonderausgaben und den besten Tricks zum Blödverdienen am Neuen Markt auch hingehört. Bei mir wartet dieses Geschreibe nur auf Weihnachten, dann ab damit zu jemandem bestimmten, denn Rache ist bekanntlich Blutwurst.

Infantil, dieses Gemotze, oder? Sollte man sich ab einem gewissen Alter abgewöhnen? Von wegen. Deshalb mag ich Dan Zevin. Dan Zevin sagt mir, dass es völlig O.K. ist. Zevin ist ein amerikanischer Autor, ein schlaksiger, immer etwas runtergekommener blonder Jude, und hat einen veritablen Bestseller für die Illies-Hasser dieser Erde geschrieben.

Das Buch heisst Uncool und erzählt vom Älterwerden all derer, die keine natural born Spiesser sind. In zwanzig Kapiteln erklärt Zevin, wieso die aufgebügelten Ideale der 50er und Golfer zwangsläufig keine Chance bei Leuten haben, die sich einen Rest Jugend bewahrt haben. Das ist kein Plaedoyer für das Lauern vor Schulen im Alfa Spider, sondern anekdotenreiche Bestandsaufnahme eines Lebens-Gefühls.

Zevin schreibt dabei nicht über das Illies-"Wir", das auch totalitäre Systeme so schätzen, sondern über sich selbst. Wie er täglich auf die Schnauze fällt, wenn er sich den Regeln der Erwachsenenwelt anpassen sollte. Er gibt sich durchaus Mühe, den Wein gesittet zu trinken, den Rasen zu pflegen, segeln zu lernen und das Besteck richtig zu benutzen. Jedesmal endet es in einer Katastrophe, und der Erkenntnis, dass Uncool sein für ihn nichts taugt. Und hey, Zevin kann schreiben! Will sagen, der drechselt keine Sätze in diesem betulichen 80er-Jahre-Stil. Er knallt den Lesern die Gags um die Ohren, ein affektiertes Lächeln ist ihm schnurz, er ist Entertainer und langt kräftig hin. Das Lachen bringt die Erkenntnis.

Zevin schlägt den Brillenträger Illies. Und ist hoffentlich auch dann noch Popliteratur, wenn Benjamin längst seine Zirrhose lebert.

5 von 5 zerbrochenen Brillengestängen Modell Berlin-Mitte

Dan Zevin, Uncool, Heyne Verlag, ISBN 3453870344, 223 Seiten, 9 €

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Sonntag, 16. November 2003

Jubel No.2: Etgar Keret, Mond im Sonderangebot
Wer noch nicht wusste, warum Klagenfurt Klagenfurt heisst, weiss es spätestens seit diesem Jahr. Da laden also ein paar angebliche Geisteskoryphäen sich ihre Schüler ein, die auch nicht wissen, dass man Sätze unter 10 Wörter schreiben kann. Dann wird das Zeug vorgelesen. Der Preis geht an die Autorin, die die Frisur einer CDU-Kreisvorsitzenden in der hessischen Provinz hat. Und alle Bücher landen dann nach 6 Monaten im Ramsch, weil die Leser mit dem Krempel nichts anfangen können. Dann wird nächstes Jahr in Klagenfurt wieder geklagt.

So einer wie Etgar Keret bräuchte sich da gar nicht blicken lassen. Sein längstes Stück Prosa hatte gerade mal 130 Seiten. Der Roman hiess Pizzeria Kamikaze und handelte von zwei Leichen, die sich auf die Suche nach einer anderen Leiche machen, viel trinken und einmal sogar Sex haben.

Seine neue Kurzgeschichten setzen in Sachen Absurdität noch eins drauf. Und die Bezeichnung Kurzgeschichten verdienen sie wirklich. Es ist Bröckchen-Literatur, genau die richtige Länge für eine Busfahrt und deshalb nach deutschen Feuilletonisten-Massstäben nicht lesenswert. Popliteratur im Besten Sinne des Wortes: Die phantastische Stories kümmern die sich nicht um Erzähltraditionen, Standpunkte und sonstiges Schreibhandwerk. Ein Realitätsbezug ist kaum vorhanden, und wenn, dann nur, um abrupt ins Surreale abzugleiten. Hinter jeder Normalität lauern Abgründe, Märchen und Wunder.

Keret nimmt die Leser mit auf einen Hexenritt hinauf in seine Erfindungsgabe, und von da oben, zwischen verwandelten Frauen und einem fetten Mond, sieht man dann ganz klar, was die Normalität wirklich ist: Auch nur eine Erfindung, ein Konstrukt, das man sich zurechtbastelt.

Kerets Geschichten wirken als literarische Exstacy-Pillen. Man kann sie locker einwerfen, und nach einer Weile kommt die Wirkung, eine gewisse Zeit des High seins, und dann setzt einen die Geschichte wieder ganz sanft im Leben ab.


Etgar Keret, Mond im Sonderangebot, Luchterhand Literaturverlag, ISBN 3630871534, 17,50 €

Und wer ihn live sehen will: Etgar Keret is reading & good looking am 27.11.2003 um 20 Uhr in der Literatur Moths, Rumfordstr. 48.
80469 München.

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Samstag, 15. November 2003

Jubel No. 1: Peter Basch Stars!
oder
Eva´s Kostüm und Adam´s Kamera

Sie sind irgendwie horizontal, auch wenn sie stehen oder sitzen. Sie sind immer sexy, auf eine distanzierte Art, keine vulgären Sexbomben, sondern, wenn das Wort erlaubt ist, Sexgöttinnen. Keiner anderer Fotograf der 50er und 60er Jahre konnte so präzise wie Peter Basch den Moment einfangen, in dem Sinnlichkeit in Sex umschlägt.

Die meisten Bilder von Filmdiven, Sängerinnen und Prominenten sind eiskalt in ihrer Wirkung berechnet, man fühlt das Zusammenspiel von Claudia Cardinale und Peter Basch, wenn sie mit zerrissenem Dekolletee in seine Kamera lächelt, wohl wissend, was sie damit anrichtet. Bis heute, denn Peter Baschs Bilder sind zeitlos. Selbst in den schreiend bunten Kolorbildern der Sixties setzt sich die Schönheit durch. Kleidung ist ohnehin nur störend, Jane Fonda, Sophia Loren, Diana Ross, man sieht ihnen an, dass sie eigentlich nackt sein müssten.

Peter Basch hat sie alle abgelichtet. Wer von ihm in Hollywood photographiert wurde, wusste, dass die Karriere erfolgreich war. Die Bilder erzählen von der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Star und Photograf, von einer intimen Beziehung, die immer noch knistert, wenn man die Seiten des opulenten Bildbands mit den 500 besten Photos aufschlägt.

Die Karriere war Peter Basch quasi in die Wiege gelegt. 1923 wurde er in Berlin als Sohn eines UFA-Regisseurs geboren. 1933 floh die Familie nach Amerika, und Basch landete bald in der US Army - ausgerechnet beim Film Corps in Hollywood. Nach dem Krieg eröffnete er ein Photostudio, und die Stars rissen sich um ihn. Aber auch andere Kundschaft wartete: Basch belieferte die grossen amerikanischen Magazine, und später auch die Bunte, Quick oder den Stern.

Er brachte amerikanische Männerträume nach Europa - und europäische Phantasien nach Amerika: Eine unbekannte junge blonde Französin namens Brigit Bardot wurde in den USA über Nacht zum Sexsymbol dank einer Photoserie, die auch heute noch eines der Highlights des opulenten Bildbands ist. Es ist Filmgeschichte, eine glückliche jüdische Geschichte des letzten Jahrhunderts, es erzählt natürlich auch viel über das Frauenbild - aber vor allem ist es die Geschichte zwischen einer schönen Frau vor und einem genialen Mann hinter der Kamera. Wenn man ehrlich ist, einfach verdammt guter Sex.

5 von 5 gierigen Hechelhechel

Peter Basch: Stars! Fotografien aus den Fünfziger und Sechziger Jahren, Schwarzkopf-Schwarzkopf Verlag, ca. 400 Seiten, 49,90 EUR

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