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Dienstag, 28. Juni 2005
Iranischer Schock
uceda, 01:06h
Das war sie also, die Wahl im Iran. Und damit weiss man auch, was einen erwartet, wenn man im Nahen Osten wählen lässt. Man wird sich damit abfinden müssen: Von wenigen Ausnahmen abgesehen, würden die Islamisten wohl in den meisten Ländern die Wahlen gewinnen. Diktaturen erzeugen Kurruption und riesige Mengen armer Menschen, die nicht gebildet sind und keinen Zugang zu Medien haben. Und die wählen dann eben das, was ihnen am meisten verspricht. Auch Hamas und Hisbollah beziehen einen grossen Teil ihrer Popularität aus sozialen Diensten und dem Kampf gegen Korruption, ihre Sprache ist die einer gewissen Gleichheit - das zieht, ganz gleich ob in Tulkarem oder Teheran.
Für so etwas sind die hiesigen medien natürlich blind. Mal in den Slum gehen, das macht doch keiner. Statt dessen lesen sie die Blogs der iranischen Studenten, finden das toll und kreieren daraus das Bild einer islamischen Republik im Umbruch - ja von wegen. Die Wahl zeigt bei aller Kritik, was da wirklich los ist. Internet spielt in der iranischen Realität keine Rolle, und wer es zu was bringen will, geht weg. Zurück bleiben die Mullahs und die grosse Menge der Leute, die das gut und richtig finden.
Leider bin ich nicht mehr in berlin. Es wäre interessant zu hören, wie die Nation Builder in den superklugen Think Tanks darauf reagieren wollen. Demokratie, das ist die Botschaft, schützt vor dem hier verhassten islamischen Fundamentalismus nicht. Da werden sie wohl nicht drumrum kommen, sich mit denen direkt auseinanderzusetzen. Wenn sie nicht gleich die Methode Bush favorisieren. Denn den Kampf um die kulturelle Vorherrschaft im Iran hat der Westen wohl definitiv verloren, und es wird mit jedem weiteren Jahr islamischer "Revolution" nicht leichter, die aus der islamischen Republik entstehenden Probleme und fragwürdigen Vorbilder zu bekämpfen.
Und mit Merkel an der Spitze der Regierung werden wir möglicherweise dabeier und embeddeder sein, als uns lieb sein kann.
Für so etwas sind die hiesigen medien natürlich blind. Mal in den Slum gehen, das macht doch keiner. Statt dessen lesen sie die Blogs der iranischen Studenten, finden das toll und kreieren daraus das Bild einer islamischen Republik im Umbruch - ja von wegen. Die Wahl zeigt bei aller Kritik, was da wirklich los ist. Internet spielt in der iranischen Realität keine Rolle, und wer es zu was bringen will, geht weg. Zurück bleiben die Mullahs und die grosse Menge der Leute, die das gut und richtig finden.
Leider bin ich nicht mehr in berlin. Es wäre interessant zu hören, wie die Nation Builder in den superklugen Think Tanks darauf reagieren wollen. Demokratie, das ist die Botschaft, schützt vor dem hier verhassten islamischen Fundamentalismus nicht. Da werden sie wohl nicht drumrum kommen, sich mit denen direkt auseinanderzusetzen. Wenn sie nicht gleich die Methode Bush favorisieren. Denn den Kampf um die kulturelle Vorherrschaft im Iran hat der Westen wohl definitiv verloren, und es wird mit jedem weiteren Jahr islamischer "Revolution" nicht leichter, die aus der islamischen Republik entstehenden Probleme und fragwürdigen Vorbilder zu bekämpfen.
Und mit Merkel an der Spitze der Regierung werden wir möglicherweise dabeier und embeddeder sein, als uns lieb sein kann.
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Freitag, 24. Juni 2005
Haste ma n Thema?
uceda, 01:54h
Nein. So ruhig war es in der jüdischen Welt schon lange nicht mehr wie im Moment. Wenig Terror, kaum Rückzug aus dem Gaza, Jerusalem versucht, den Christopher Street Day zu verhindern und in Deutschland warten diverse Konfliktparteien erst mal, was die Wahlen bringen, nur in Berlin ist nach wie vor der Teufel los, aber auch daran hat man sich in den letzten 10 Jahren gewöhnt. Friedmans Machwerk wurde sang- und klanglos nach hinten durchgereicht, die Schlagzeilen seines Lebens dürfte er schon hinter sich gehabt haben.
Und der grosse potentielle Aufreger des Frühjahrs, die Zuwanderung aus Osteuropa, wurde jetzt auch auf ganz kleiner Flamme beigelegt. Jetzt soll es eine Integrationsprognose geben - aus dem Bauch heraus würde ich mal vermuten, dass das an der Praxis wie auch am Missbrauch wenig ändert. Da drüben gibt es kaum praktiziertes Judentum, insofern werden sich "echte" und "falsche" Juden gleichermassen das nötige Wissen reinziehen.
Allerdings fragt man sich schon, wer eigentlich die weit über 10.000 Gutachten pro Jahr schreiben soll - nehmen wir mal an, jeder Gutachter schafft eines am Tag, dann würde das die Arbeitskraft von mindestens 30 Mitarbeitern erfordern, und das alles noch ohne Verwaltung, Übersetzer und so weiter...
Und der grosse potentielle Aufreger des Frühjahrs, die Zuwanderung aus Osteuropa, wurde jetzt auch auf ganz kleiner Flamme beigelegt. Jetzt soll es eine Integrationsprognose geben - aus dem Bauch heraus würde ich mal vermuten, dass das an der Praxis wie auch am Missbrauch wenig ändert. Da drüben gibt es kaum praktiziertes Judentum, insofern werden sich "echte" und "falsche" Juden gleichermassen das nötige Wissen reinziehen.
Allerdings fragt man sich schon, wer eigentlich die weit über 10.000 Gutachten pro Jahr schreiben soll - nehmen wir mal an, jeder Gutachter schafft eines am Tag, dann würde das die Arbeitskraft von mindestens 30 Mitarbeitern erfordern, und das alles noch ohne Verwaltung, Übersetzer und so weiter...
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Mittwoch, 22. Juni 2005
Das passiert sonst immer nur anderen
uceda, 19:03h
Die Sache mit der Flüssigkeit im Notebook. Komischerweise hat es erst mal 2 Wochen keine Probleme gegeben, als etwas Tee auf die IBM-Tastatur (ja, die Firma, die den nazi-Unterstützer Holerith gekauft hat, ich weiss) getropft ist. Heute Nacht, als ich etwas produzieren musste, ging es dann los. Wenn ich g tippte, kam gt, wenn ich < schrieb, ging das beim erten Mal gut, aber dann kam ein > und nur noch >. Sehr strange. Zum Glück sind die IBM-Tastaturen leicht zu reinigen - und ich habe noch zwei andere Notebooks.
Trotzdem war jetzt erst mal Sichern angesagt: Auf dem Notbook lagen noch ein halbes Dutzend alte Sendungen vom letzten Jahr, bei denen ich die Files direkt vom Computer in das Mischpult abgespielt habe. Soviel zum Thema CD-loses Sendungsarchiv. Praktisch, aber unsicher. Ein paar Folgen waren nur in diesem 1 File auf diesem 1 Rechner. Unersetzlich, falls jemand in 200 Jahren mal eines dieser völlig sinnlosen, nur von Wissenschaftlern gelesene Buch über die Frühgeschichte jüdischer Medien in Deutschland im ersten Jahrhundert nach dem Holokaust machen würde.
Trotzdem war jetzt erst mal Sichern angesagt: Auf dem Notbook lagen noch ein halbes Dutzend alte Sendungen vom letzten Jahr, bei denen ich die Files direkt vom Computer in das Mischpult abgespielt habe. Soviel zum Thema CD-loses Sendungsarchiv. Praktisch, aber unsicher. Ein paar Folgen waren nur in diesem 1 File auf diesem 1 Rechner. Unersetzlich, falls jemand in 200 Jahren mal eines dieser völlig sinnlosen, nur von Wissenschaftlern gelesene Buch über die Frühgeschichte jüdischer Medien in Deutschland im ersten Jahrhundert nach dem Holokaust machen würde.
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Dienstag, 21. Juni 2005
Hisbollah als Wahlsieger
uceda, 04:17h
zumindest im Süden des Libanon. Man könnte jetzt sagen, prima. langsam werden sie eine demokratische Partei. Man könntew auch sagen, dass damit die Drogenbarone aus dem Bekaa-Tal jetzt in die Regierung kommen. Schliesslich muss sich die Hisbollah ja was zur Existenzsicherung einfallen lassen, nachdem sich das Kampfgeschehen in den Irak verlagert hat, wo eine Autobombe weniger Konsequenzen hat als eine Rakete aus Israel. Dann also Demokratie und Stimmenverteilungen, die an beste stalinistische Traditionen erinnern.
Im absoluten Urgrund hat natürlich Israel einen Gutteil der Schuld an der Gesamtlage. Ohne Flüchtlinge und das PLO-Hauptquartier wäre der Libanon vielleicht die Schweiz des Nahen Ostens geblieben. Aber es lief nun einmal anders, und es sieht nicht so aus, als würde man dort die Macht und Einflusssphären der alten Bürgerkriegsparteien reduzieren können. Libanon bleibt ein Krisenherd -an und für sich nichts besonderes da unten, just another Hotspot, und der einzige Trost ist, dass ein neuer Bürgerkrieg dennoch unwahrscheinlich ist.
Denn wer ballern möchte, muss nicht erst mühsam eine Vendetta anzetteln, sondern geht eben in den Irak.
Im absoluten Urgrund hat natürlich Israel einen Gutteil der Schuld an der Gesamtlage. Ohne Flüchtlinge und das PLO-Hauptquartier wäre der Libanon vielleicht die Schweiz des Nahen Ostens geblieben. Aber es lief nun einmal anders, und es sieht nicht so aus, als würde man dort die Macht und Einflusssphären der alten Bürgerkriegsparteien reduzieren können. Libanon bleibt ein Krisenherd -an und für sich nichts besonderes da unten, just another Hotspot, und der einzige Trost ist, dass ein neuer Bürgerkrieg dennoch unwahrscheinlich ist.
Denn wer ballern möchte, muss nicht erst mühsam eine Vendetta anzetteln, sondern geht eben in den Irak.
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Sonntag, 19. Juni 2005
Mal wieder im Fränkischen,
uceda, 01:55h
genauer, in Fürth gewesen. Die Reichsstadt Nürnberg hatte im späten Mittelalter das Judenviertel mit einer der damals typischen Vertreibungen zerstört, also siedelten sich die Juden ein paar Kilometer weiter in Fürth an. Und waren, wie auch an anderen Orten, sehr erfolgreich im Geschäft mit einem der wichtigsten Luxusgüter der Neuzeit: Dem Spiegel. Das erklärt auch, warum Namen wie "Spiegel" oder "Spiegelmann" im Judentum ziemlich häufig sind.
Ironischerweise sind es die Spiegel, oder besser ihre Herstellung, die dann auch Fürth bis heute prägen: In jedem Altstadthaus besteht die gefahr, dass die Balken immer noch mit den giftigen Rückständen der Produktion gefüllt sind. Für Spiegel benötigte man Quecksilber, dessen Giftigkeit damals noch unbekannt war - mitunter galt es auch als Medizin. Das hat sich im Holz auch über 100 Jahre nach dem Ende der Fürther Spiegelmacher gehalten. Wer mal im Jüdischen Museum im Speicher ist, wird jetzt auch nach Jahren noch den typischen Geruch der Entgiftung in die Nase bekommen; schwer, süsslich, stickig.
Die manshohen Fürther Spiegel der damaligen Zeit mit Schliff und Ätzung zieren heute dieNobelappartments rund um die Welt, und Antiquitätenhändler schwören darauf, dass sie aus Venedig kommen. Insofern ist das Quecksilber fast das Einzige was bleibt - nur manchmal kommt noch einer dieser Spiegel aus einem hiesigen Haushalt, wo er weggekauft wird und im Antikhandel verschwindet.
Ironischerweise sind es die Spiegel, oder besser ihre Herstellung, die dann auch Fürth bis heute prägen: In jedem Altstadthaus besteht die gefahr, dass die Balken immer noch mit den giftigen Rückständen der Produktion gefüllt sind. Für Spiegel benötigte man Quecksilber, dessen Giftigkeit damals noch unbekannt war - mitunter galt es auch als Medizin. Das hat sich im Holz auch über 100 Jahre nach dem Ende der Fürther Spiegelmacher gehalten. Wer mal im Jüdischen Museum im Speicher ist, wird jetzt auch nach Jahren noch den typischen Geruch der Entgiftung in die Nase bekommen; schwer, süsslich, stickig.
Die manshohen Fürther Spiegel der damaligen Zeit mit Schliff und Ätzung zieren heute dieNobelappartments rund um die Welt, und Antiquitätenhändler schwören darauf, dass sie aus Venedig kommen. Insofern ist das Quecksilber fast das Einzige was bleibt - nur manchmal kommt noch einer dieser Spiegel aus einem hiesigen Haushalt, wo er weggekauft wird und im Antikhandel verschwindet.
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Freitag, 17. Juni 2005
Die Würde der Raketenwerfer
uceda, 00:51h
Seit ein paar Jahren wird inzwischen mit der Colonia Dignidad in Chile aufgeräumt - da haben wir Juden auch ein gewisses Interesse, das mit der Kolonie zusammenarbeitende Pinochet-Regime hat einige Juden umbringen aka verschwinden lassen. Und irgendwie dachte ich, dass sie diese Sekte inzwischen unter Kontrolle haben.
Offensichtlich nicht, bisher. Sonst hätte man bisher wohl kaum 3 Container voller Kriegswaffen nicht bemerken können. Hübscher Verein, diese Leute. Boden-Luft-Raketen, letztlich sind die auch nichts anderes als eine Christen-Taliban.
Hauptsache, ihr Gründer ist und bleibt im Knast.
Offensichtlich nicht, bisher. Sonst hätte man bisher wohl kaum 3 Container voller Kriegswaffen nicht bemerken können. Hübscher Verein, diese Leute. Boden-Luft-Raketen, letztlich sind die auch nichts anderes als eine Christen-Taliban.
Hauptsache, ihr Gründer ist und bleibt im Knast.
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Bild der Heimat
uceda, 00:43h
Das ganz leise Knarzen des Hoftors, wenn man es öffnet, und dann dahinter das Weiss und das Grün der Waschküche...
So, Heimat genug gestreichelt, mal wieder etwas Negativ-Content hier ;-)
So, Heimat genug gestreichelt, mal wieder etwas Negativ-Content hier ;-)
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Mittwoch, 15. Juni 2005
Heimat-Artikel
uceda, 15:25h
So, mal schaun, ob die Auftraggeber das schlucken - es ist ein "Ich"-Beitrag über die, hm, Liebe nicht, aber Neigung für dieses Land. Nicht das komplette Land, manche Ecken wie Berlin Mitte sind mir so fern wie Ramallah, aber doch die kleine Ecke, in der ich mich so bewege; etwa 150 Kilometer nach Norden und 200 Kilometer nach Süden, sprich, im grossen und Ganzen: Bayern, etwas Hessen und Baden-Württemberg und Österreich. Politisch ist das alles zwischen Übel und Unerträglich, menschlich zumindest ab Augsburg und Salzburg grenzwertig, aber zum Leben sehr angenehm.
Ich habe hier einen persischen Freund, dessen Hass auf die Mullahs grösser ist als auf israelische Siedler, und mit dem streite ich mich oft über den Nahen Osten. Der hat so eine Art, dass selbst der nachgiebigste Friedensaktivist Sharon zu lieben beginnt... trotzdem können wir gut miteinander. Letzte Woche sassen wir in einem Biergarten, er erzählte von der Schönheit Persiens im Frühjahr, wenn die Bergwiesen wie gigantische Teppiche aussehen, aber...
Aber, sagte er, wenn er aus dem Norden hier her kommt und über die letzte Anhöhe fährt, von wo man aus diese Stadt erblickt mit ihren Raffinierien, ihren Fabriken und dem grossen Dom in der Altstadt, dann fühlt er sich eigentlich doch sehr zu Hause. Und wenn die Mullahs an den Strassenlaternen hängen, wird er vielleicht mal hinfahren - aber trotzdem bleibt er hier.
Und mir geht es genauso. Ich glaube, mehr ist Heimat nicht und muss es auch nicht sein. Bleibt nur die Frage, ob das Leute in der ganzen Tiefe verstehen, die nicht zu einer ethnisch-religiösen Minderheit gehören, für die das Hiersein stinknormal ist.
Ich habe hier einen persischen Freund, dessen Hass auf die Mullahs grösser ist als auf israelische Siedler, und mit dem streite ich mich oft über den Nahen Osten. Der hat so eine Art, dass selbst der nachgiebigste Friedensaktivist Sharon zu lieben beginnt... trotzdem können wir gut miteinander. Letzte Woche sassen wir in einem Biergarten, er erzählte von der Schönheit Persiens im Frühjahr, wenn die Bergwiesen wie gigantische Teppiche aussehen, aber...
Aber, sagte er, wenn er aus dem Norden hier her kommt und über die letzte Anhöhe fährt, von wo man aus diese Stadt erblickt mit ihren Raffinierien, ihren Fabriken und dem grossen Dom in der Altstadt, dann fühlt er sich eigentlich doch sehr zu Hause. Und wenn die Mullahs an den Strassenlaternen hängen, wird er vielleicht mal hinfahren - aber trotzdem bleibt er hier.
Und mir geht es genauso. Ich glaube, mehr ist Heimat nicht und muss es auch nicht sein. Bleibt nur die Frage, ob das Leute in der ganzen Tiefe verstehen, die nicht zu einer ethnisch-religiösen Minderheit gehören, für die das Hiersein stinknormal ist.
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