Dienstag, 22. Juni 2004

Die Beth Zion Synagoge in der Brunnenstrasse
wurde 1910 gebaut, 1938 verwüstet, aber nicht angezündet, weil sie im Hinterhof inmitten von Wohnbebauung liegt. In den 80ern wurde sie wiederhergerichtet, aber nicht mehr als Synagoge genutzt. Draussen, vor dem Hof an der Strasse, ist eine sauber geputzte Gedenktafel.



Drinnen sieht es anders aus. Ein Photo-Essay. Viele Bilder, wenig Worte.

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Beth Zion, Brunnenstrasse, Berlin Mitte, 21.6.2004
Durch einen engen Torbogen und eine gekachelte Einfahrt geht es in einen schmalen, schattigen Hinterhof.



Ein Holzgatter trennt den Hinterhof notdürftig in einen normalen Teil mit viel Müll und alten Möbeln - und den Teil der Synagoge.



Trotzdem liegen dort Papierteller von einem Grillfest. Sogar Senf ist noch drauf, dazu viele Verpackungen. Gefegt wurde hier schon lange nicht mehr



Das gebrochene Glas auf dem Boden kommt aber nicht von Flaschen, sondern wahrscheinlich von einem der Fenster der Synagoge, neben dem Eingang.



Das Fenster ist wohl erst vor Kurzem gebrochen. Die Spanplatte, mit der es abgedeckt ist, ist neu, und die Schrauben sind nicht gerostet.



Neben der Tür ist eine moderne Sprechanlage und die Reste einer Klingel. Bedarf dafür besteht im Moment nicht, sonst hätte man die Klingel erneuert.



An der Tür war nach der Restaurierung eine Tafel angebracht - wahrscheinlich, um an die Geschichte der Synagoge zu erinnern. Inzwischen ist sie verschwunden.



Neben der ersten Stufe hat sich ein baum durch das Pflaster gebohrt. Die Stufen werden an dieser Stelle inzwischen angehoben - und in ein paar Jahren brechen.



Über der Tür ist eine Lampe angebracht. Die Glühbirne durfte höchstens 60 Watt haben.

Teil 2 ist hier.

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Montag, 21. Juni 2004

Klezmorim
Ich mag Klezmer nicht. Wie ich überhaupt kaum Juden kenne, die wild auf Klezmer sind. Den Philos würde ich gern jedesmal die Fress die Meinung geigen, wenn sie mir mit ihrer Begeisterung für jammernde Klarinetten, schluchzende Geigen und nölende Schifferklaviere kommen.

Zumal Klezmer mit Judentum eher nichts zu tun hat. Im Osten spielten Juden die eben Volksmusik ihrer Heimat, so wie meine Vorfahren "Heil Dir im Siegeskranz" sangen und Lohengrin chillig fanden. Nicht gut, nicht schlecht. Ich singe im Bad die Beastie Boys Ch Ch Check it out, oder die Ärzte - In einer kleinen Hütte, da wohnt sweet Gwendoline - und würde niemanden zwingen, das als jüdische Musik zu sehen. Ist aber dadurch genauso jüdisch wie Klezmer. Und es ist kein Verbrechen, diese Musik abzulehnen.

Heute jedenfalls ging ich der guten deutsch-jüdischen Sitte des Edelmetallhandels für den gehobenen Bildungsbürgerwürger-Haushalt nach, kaufte ein schweres Silbertablett, schlanke Kuchengabeln, einen Kerzenleuchter und ging dann in ein Cafe in der Kastanienallee, genauer: Ins Zaza. Das liegt direkt neben der authentischen Rinnsteintristesse des Schwarz Sauer, wo ich mich eigentlich mit K. verabredet hatte.

Während K. nicht, da zu spät kam, setzte ich mich, mitsamt meinen standesgemässen Erwerbungen in einer unstandesgemässen Platiktüte auf einen Korbstuhl, schenkte dem Szenepublikum nebenan auf ihren rauen Holzbänken ein mitleidiges Lächeln - schliesslich bietet das Schwarz sauer bei gleichen Preisen weniger hübsch bereitete Speisen, unschickere Bedienung, weniger Auswahl und eine Arbeitslosen/Sozialhilfeempfängerquote von mutmasslich über 60%. Während ich also freundliche Miene zu bösem Gedanken machte, kam von Links erst ein Geiger, dann ein Gittarist, ein Trommler, eine Handtrommlerin und ein Akkordeonist, allesamt erkennbar jung und offensichtlich südosteuropäischer Abstammung.

Und sie spielten Klezmer. So richtig. Jung, laut, schnell, und so melancholisch-traurig wie ein Investment-Banker, der gerade mit 5 unterschlagenen Millionen in Rio ankommt. Das war echt gut. He, sie spielten, dass es nach Puszta roch, nach Knoblauch, nach Apfelstrudel und Chala. Es klang scharf, undezent, fordernd, genau so, dass es der ihr Manuskript redigierenden Möchtegern-Autorin vor mir die Latte massachrierte. Klasse.

Es war nicht das, was das Publikum an der Kastanienallee um diese Zeit oder überhaupt erwarten möchte. Bäh. Osten. Ist ja nicht chillig. Ne, wir geben nix. Als ich ihnen meine Teruma gab; der Lohn, den ich laut Gesetz geben soll und geben wollte, in Papiergeld auch noch, sah mich die antischicke Crea-Blondine mit Pumajäckchen - Typ entlaufene Tübinger Zahnarzttochter - nebenan im Schwarz Sauer an, als wäre ich ein Style-Krimineller. Als hätte ich eine gesagt, dass ich die Sporties scheisse finde, einer geregelten Beschäftigung nachgehe, Gerhard Schröder mag und kiloweise Silber in Plastiktüten rumschleppe. <-Insiderjoke.

Yeah. Die Kids jedenfalls waren klasse.

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Sonntag, 13. Juni 2004

Von wegen Shabbat und so
Regelmässige Leser dieses Blogs wissen, dass der Autor nach seinem Freitaglichen Shabbat shalom für etwa 24 Stunden abtaucht, und seine nächsten Zeilen erst wieder gegen Sonnenuntergang des folghenden Tages verfasst. Sie könnten nun glauben, dass das etwas mit der jüdischen Shabbatruhe zu tun hat, dass der Autor in die Synagoge geht, und mal ausnahmsweise einen Tag ein nettes Jingele ist, wenn er sonst schon die ganze Woche nur rumpöbelt.

Nun ... nicht wirklich. Nein, eigentlich nicht. Es ist so: Am Abend des Shabbat - Freitag Abend nach christlicher Rechnung - gehe ich ins Bett, lese etwas, oder gehe aus. Nicht zu lange. Denn am nächsten Morgen heisst es: Früh aufstehen und auf die Jagd, auf zum Hetzen und Niederstrecken von Antiquitäten. Inzwischen gleicht meine Berliner Wohnung fast schon einer Apartment Trans-European-Oriental, angefangen von der englischen Reiseteekanne über den venezianischen Korblüster und den seidenen Jagdteppich aus Persien bishin zum schweren, syrischen Silbertablett, für das ich es heute nicht bereute, zwischendrin von dem typischen Berliner Sommerwetter - schwerer Regen, Windstärke 6 - durchnässt zu werden.

Für Silber habe ich inzwischen einen, nennen wir es mal, Geschäftspartner. Geschäftspartner deshalb, weil ein bestimmter Münchner Besuch mir das mühsam zusammengeraffte Silber in kurzen Abständen abnimmt, schneller als Ali Babas 40 Räuber. Bekannt ist diese Rotte in meiner Sippe auch als: Meine Schwester. Mein Geschäftspartner und ich sind deshalb dazu übergegangen, dass ich von ihm ausgehend einen regen Zwischenhandel betreibe - ich kaufe bei ihm und gebe das dann zum gleichen Preis an meine Schwester weiter; nur die wirklich luxuriösen Stücke behalte ich - hoffentlich liest sie das hier nicht. Das hier ist meins:



However, mein Geschäftspartner ist Iraner aus der Grenzregion zu Afghanistan, ein gläubiger Muslim und sieht auch so aus - Vollbart, weite Hosen, Weste, weites Hemd. Also genauso, wie sich der landläufige Polizist den typischen internationalen Terroristen vorstellt. Mein Geschäftspartner hat bei den üblichen, knallharten Verhandlungen um Silber mal gefragt, wo ich eigentlich herkomme, Libanon vielleicht? - weil so doch kein Deutscher verhandelt - die meisten hassen das, es ist ihnen peinlich, ich hingegen liebe Verhandeln, ich kann das stundenlang machen, und es gibt keine grössere Enttäuschung, als wenn mir jemand sofort sagt: 1 Euro.

Die Halacha, das jüdische Religionsgesetz, schreibt vor, dass man zu nichtjüdischen Geschäftspartnern noch ehrlicher zu sein hat als gegenüber jüdischen, um nicht "a schand für die Gojm" zu werden - das Ansehen des Judentums also nicht zu beschmutzen. Aber auch so sehe ich keinen Grund, auf diese Frage nicht eine ehrliche Antwort zu geben, es sei denn Nachts um 3 in einer finsteren Strasse, wenn eine Horde Neonazis fragt und ich die automatische Maschinenpistole im Schirmständer vergessen habe.

Seitdem weiss er es, und es ist für ihn ok. Manchmal macht er Witze darüber, von wegen Shabbat und Flohmarkt, oder über meine frühere Tätigkeit als deutscher Nachrichtensprecher für einen iranischen Exilfunk, aber das ist auch alles.

Insofern finde ich es absolut zum Kotzen, wenn ich dann so wie heute höre, dass er innerhalb von 24 Stunden wahrscheinlich wegen seines Aussehens zweimal im Auto angehalten und von der Polizei kontrolliert wurde. He, es ist nur Kleidung!

Zum Kotzen auch, weil das mieseste antisemitische Miststück, das ich in den letzten Jahren kennengelernt habe, garantiert bei jeder Polizeisperre durchkommen würde. Sie ist eine Frau, sie sieht sehr europäisch aus, trägt völlig normale Kleidung, hat mit dem Iran, aus dem ihre Eltern kommen, nichts mehr am Hut, auch nicht mit dem Islam, hat keinen Akzent - und hasst Juden instinktiv. Da kann man - wie ich höchtwahrscheinlich - seine Vorfahren seit über tausend Jahren in Europa haben - spielt absolut keine Rolle. Wehe, man hat auch nur einen Hauch Mitleid für Terroropfer im Nahen Osten. Und wenn man ihr dann argumentativ kommt, sind die Juden sowieso schuld. Auch am Ayatholla, denn den gab´s nur, weil die Amerikaner den Schah für das Böse der Welt, für Israel unterstützt haben. Später hört man dann hintenrum, was sie sonst noch so sagt: Am Elend des Nahen Ostens würde noch nicht mal das Ende von Israel was ändern. Sondern nur, und den Rest sagt sie nicht, aber alle können es sich denken.

Nicht die Kleidung macht den Terroristen. Sondern das, was im Kopf abgeht.

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Donnerstag, 10. Juni 2004

Köln - Düsseldorf
Ich krieg das Kotzen, wenn die Medien erst mal von "Racheakten" sprechen. Das haben sie in Düsseldorf vor vier Jahren auch getan. Als noch nicht klar war, dass der Sprengsatz damals jüdische Einwanderer getroffen hat.

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Donnerstag, 10. Juni 2004

Platz der Opfer des Nationalsozialismus in München
mitunter, wenn wir mal wieder böse sind, auch: Kranzabwurfserprobungsstelle München 1. Es ist ziemlich peinlich, dass es an diesem Platz an der Brienner Strasse, Münchens erstklassiger Einkaufsmeile, keine Hausnummer gibt. Da möchte keiner sein. Und auch sonst ist das Ding, wenngleich zentral, so unverbindlich wie sein Name. Als Opfer dieser Zeit empfinden sich ja auch überlebende Angehörige der Waffen-SS, nicht wahr, die armen Hascherl, die leider dann doch zu feige waren, sich an der Front für den Führer abknallen zu lassen. Nicht mal das haben diese Endsieger geschafft, die Pfeifen. Dabei ist das ganz einfach, immer dem Geschützdonner nach, jeder nur eine 9mm-Kugel, so wie der Führer das wollte, und dem hatten sie doch einen Eid geschworen.

Da ist also dieser Platz. Manchmal kommt jemand und legt einen Kranz hin, manchmal ist es sogar ehrlich, manchmal fangen dort die Demos der Linken an. Es könnte schlimmer sein - ein Paar Meter weiter ist der Platz für einen der Schlächter des 30jährigen Krieges. Der war angesichts seiner Verbrechen sicher auch ein Psycho, aber er hat den Krieg gewonnen, deshalb ein Reiterstandbild für ihn und nichts für die Opfer. Leer sind übrigens beide Plätze. keiner hält sich da gerne auf. Ich kann es verstehen.



Aber wenn dann doch an einer Ecke ein Punkerpärchen auf dem Rasen des Platzes sitzt, rumknutscht und die Sonne auf dem Rücken fühlt, dann ist das schön. Dann hat dieser Platz einen Sinn.

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Alle Achtung.
Die Türkische Gemeinde in Deutschland bedauert die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Metin Kaplan aus der Haft zu entlassen und seine Abschiebung in die Türkei abzulehnen. In einer Zeit, wo alle staatlichen Stellen, einschließlich die Justiz, einen entschiedenen und aufeinander abgestimmten Einsatz gegen den Terror leisten müssen, geht von der Entscheidung der Düsseldorfer Richter ein falsches Signal aus. Die TGD kann dieses Urteil nicht nachvollziehen und empfindet es als unerträglich, da es Metin Kaplan zu öffentlichen Auftritten verhilft.

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Sonntag, 30. Mai 2004

Nochmal Radio Horeb
Finstere Gedanken zu nächtlicher Stunde



Ich mein, die Jungs und Mädels können einem andererseits echt leid tun: Manche von denen sitzen in Ingolstadt, was schon ein etwas anderer Ort ist als das schwäbische Kaff, aus dem sie angeblich kommen (wobei ich mir mit dem Schwarzfüsserkaff nicht sicher wäre, in Ingolstadt steht sogar ein Ü-Wagen und manches Programmteil kommt von Radio Maria aus Österreich). Ingolstadt jedenfalls hat eine halbwegs urbane Bevölkerung, mit bauchfrei, lässig und in weiten Teilen eher areligiös, wenn man mal von weissen Hochzeiten und ähnlichen Eingeborenen-Ritualen absieht.

Ich stelle mir gerade vor, wie das für so einen Extremisten ist, wenn der durch die Fussgängerzone geht, und da sind all die Glossy-Lipstick-Mädchen, Sünde über Sünde, sie nehmen die Pille, sie lesen unreligiöse Hefte -für so einen Typen muss das sein wie Sodom, und er als einziger Aufrechter wird höchstens ausgelacht, wenn er mit seinem Gerede von unbefleckt bis Ursünde kommt...

Selbst in der Mariannischen Congregation, einem der wichtigsten Baudenkmäler der Jesuiten nördlich der Alpen, kommt kein Rosenkranz, sondern nur die laute Technomusik des Hausbesitzers des obersten Stockwerks, und der ist kein Christ und denkt nicht daran, das Haus an diese Knilche zurückzuverkaufen...

Und dann kriegt er vielleicht auch noch den Mitschnitt unserer nächstes Sendung, wo wir ihn kräftig runterputzen...

Life is hell, würde Kai Pahl da sagen. Let´s light the fire, würde ich hinzufügen.

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Freitag, 28. Mai 2004

Alex
Ungefähr hier kam es über das Radio, dass dieses Wochenende bis Montag geht.



Diesmal falle ich nicht auf die christl. Feiertage rein. Morgen wird richtig eingekauft.

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Kein Shabbat Shalom für Radio Horeb
Eigentlich müsste ich mal was über die schreiben. Radio Horeb soll in München eine grosse Frequenz bekommen, obwohl sie ein ein christlicher Fundamentalisten-Funk sind, bei dem mir - als jemand, der an und für sich Religionen nicht ablehnt, sonst würde ich das hier nicht machen - die Spucke wegbleibt. Selbst die Amtskirche kneift, wenn es um diese Typen geht. Wir haben ja auch rechte Durchgeknallte, etwa beim Piratensender Arutz Sheva, aber die sind meines Wissens inzwischen off Air gegangen - worden, sagen sie selbst. Gut so - sage ich.

Bei Radio Horeb hätte die Bild längst zu einem Volkssturm aufgerufen, wenn sie islamisch wären. Was da an Anrufen reinkommt, ist grösstenteils nur unter dem Begriff Psychopathenshow zusammenzufassen. An unsereins trauen sich nur manche Anrufer ran, so von wegen, Heiland gekreuzigt, und so. Na und? Selbst wenn? Was dann?

However, das Programm lässt Schwulen- Frauen- Atheisten- Libertin- und Andersgläubige jeder Coleur runtermachen. Als ob es hierzulande weder eine Aufklärung noch was inne Fresse für die Bande für ihre aktive Mitwirkung an diversen Ausrottungen (gell, wie war das denn damals in den katholischen Psychatrien, he?) gegeben hätte. Man kann es noch nicht mal mittelalterlich nennen, denn das Mittelalter war in all seiner Unwissenheit vielschichtiger als der Krempel, den diese Typen Sonntag für Sonntag on Air bringen.

Vergleichbar wäre es, wenn ich in meiner nächsten sSendung dazu aufrufen würde, "Ehebrecherinnen", bo ey was für ein bekifftes Wort, aus den Gemeinden auszuschliessen, den Umbau dieses Staates gemäss dem jüdischen Religionsgesetz zu fordern und ausserdem verlangen würde, dass sich endlich alle gefälligst dem Judentum anpassen, weil in diesem Land bereits Juden waren, als es noch keine Christen gab, capisce?

Falls diese Bande tatsächlich in München eine Lizenz bekommt, werde ich und hoffentlich noch eon paar andere sie mir anhören. Und bei jedem Rülpser des Fremdenhasses und der Diskriminierung gibt´s was Intolerantes als Eingabe. Ich kenne deren Hörerschaft. Ich schätz mal, dass wir denen in der nächsten Ausgabe von Chuzpe die Meinung geigen.

Horeb eine fette Frequenz. Abartig.

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