Freitag, 28. Mai 2004
Shooting
uceda, 05:53h
Im Leben jedes jüdischen Journalisten gibt es diesen Moment, wo das Telefon klingelt, und einem die existenzielle Frage gestellt wird: "Willste was für uns schreiben?" Dann steht man nackt und des Judentums entkleidet da, denn das Thema hat rein gar überhaupt nichts mit dem Thema zu tun, das man qua Abstammung, Einbildung und Gewohnheit beherrscht wie die Amis 1945 den Luftraum über Deutschland.
Und wenn man dann ja sagt, muss man ganz normale Sachen schreiben, recherchieren, man kann nicht tricksen oder was hinbiegen, was man sowieso weiss, dass es so ist. Nein, man muss so richtig arbeiten.
Ausserdem genügt es nicht, die Clips-Datei auf dem Notebook mal eben 5 Minuten zu sichten, um den benötigten Rabbiner, jungen Juden in Partylaune, Bar Mitzwa, Aussiedler, einen blockierten Naziaufmarsch oder eine jüdische Prinzessin hervorzuzaubern.

Nein, man muss los und was knipsen, das dynamisch sein soll und nächtlich, das das Geheimnisvolle des Themas transportiert und den Reiz, denn die Nacht ist schnell und dynamisch wie die Leute, über die man schreiben soll, und die man nach langem, vergeblichen Rummailen ganz zufällig findet, nebenan, zwischen Falafel-Hoflieferant und Internet-Cafe.
Das geht nicht immer gut. Manchmal schlägt man sich wegen einem blöden Bild drei Nächte um die Ohren. Manchmal, so wie heute, macht man 5 Bilder, dann sind auch noch die Akkus leer, aber von den 5 Bildern sind 3 perfekt. Yeah.
Und wenn man dann ja sagt, muss man ganz normale Sachen schreiben, recherchieren, man kann nicht tricksen oder was hinbiegen, was man sowieso weiss, dass es so ist. Nein, man muss so richtig arbeiten.
Ausserdem genügt es nicht, die Clips-Datei auf dem Notebook mal eben 5 Minuten zu sichten, um den benötigten Rabbiner, jungen Juden in Partylaune, Bar Mitzwa, Aussiedler, einen blockierten Naziaufmarsch oder eine jüdische Prinzessin hervorzuzaubern.

Nein, man muss los und was knipsen, das dynamisch sein soll und nächtlich, das das Geheimnisvolle des Themas transportiert und den Reiz, denn die Nacht ist schnell und dynamisch wie die Leute, über die man schreiben soll, und die man nach langem, vergeblichen Rummailen ganz zufällig findet, nebenan, zwischen Falafel-Hoflieferant und Internet-Cafe.
Das geht nicht immer gut. Manchmal schlägt man sich wegen einem blöden Bild drei Nächte um die Ohren. Manchmal, so wie heute, macht man 5 Bilder, dann sind auch noch die Akkus leer, aber von den 5 Bildern sind 3 perfekt. Yeah.
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Dienstag, 25. Mai 2004
Muss man was zur Flick-Collection sagen?
uceda, 23:25h
Ja. Zum Beispiel: Gibt es eigentlich keine anderen Probleme mehr für die Mitglieder des Zentralrats, ausser der Frage, wo die Bilder hin sollen? Und was bitte soll mit den Bildern geschehen? Soll man sie wegsperren? Verbrennen? Vielleicht nur noch überzeugten Nazis zeigen?
Das Argument, der Enkel des NS-Kriegsverbrechers Flick wolle seinen Namen reinwaschen, ist wenig plausibel. Jeder, der es wissen will, findet heraus, dass Friedrich Flick in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt wurde.
Und wenn man dieses Fass aufmachen will, sollte man zuvor weite Teile beider Amtskirchen vom Kulturbetrieb ausschliessen: Die haben nämlich nach 1949 besonderen Druck auf die Alliierten ausgeübt, den Kriegsverbrecher Flick so schnell wie möglich frei zu lassen und wieder in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Da liegt der Knackpunkt in der Familiengeschichte: Die Nettigkeiten gegenüber dem Verbrecher. Nicht in den Bildern des Enkels.
Das Argument, der Enkel des NS-Kriegsverbrechers Flick wolle seinen Namen reinwaschen, ist wenig plausibel. Jeder, der es wissen will, findet heraus, dass Friedrich Flick in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt wurde.
Und wenn man dieses Fass aufmachen will, sollte man zuvor weite Teile beider Amtskirchen vom Kulturbetrieb ausschliessen: Die haben nämlich nach 1949 besonderen Druck auf die Alliierten ausgeübt, den Kriegsverbrecher Flick so schnell wie möglich frei zu lassen und wieder in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Da liegt der Knackpunkt in der Familiengeschichte: Die Nettigkeiten gegenüber dem Verbrecher. Nicht in den Bildern des Enkels.
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Samstag, 22. Mai 2004
"wegen irgendwelcher Vorfälle aus dem Jahre 1945"
uceda, 21:23h
darf man Filbinger nicht kritisieren, sagt der stellvertretende CDU-Vorsitzende in Baden-Württemberg Christoph Böhr über das, was Hans Filbinger damals getan hat.
Ich würde zu gerne wissen, was Böhr sagen würde, wenn er einen dieser "irgendwelchen Vorfälle" vor einem Erschiessungskommando erleben würde, und daneben würde dann der Hans Filbinger stehen, der das Urteil geschrieben hat.
Die letzten Nazis rechter Volksparteien können in Ruhe abkratzen - ihre Erben machen den Job auch gut.
Ich würde zu gerne wissen, was Böhr sagen würde, wenn er einen dieser "irgendwelchen Vorfälle" vor einem Erschiessungskommando erleben würde, und daneben würde dann der Hans Filbinger stehen, der das Urteil geschrieben hat.
Die letzten Nazis rechter Volksparteien können in Ruhe abkratzen - ihre Erben machen den Job auch gut.
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Freitag, 21. Mai 2004
No Church was harmed for this picture
uceda, 23:42h
Die war schon so.

Wirklich, Mami. Ich war´s nicht. Das haben die selber gemacht.

Wirklich, Mami. Ich war´s nicht. Das haben die selber gemacht.
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Donnerstag, 20. Mai 2004
Vielleicht liegt es nur am Branding.
uceda, 01:55h
Viele Destinationen werden in normalen Reisebüros weder nachgefragt noch angeboten: Syrien, Jordanien, die Golfregion - all das klingt heute automatisch nach "islamischer Welt" (aka Extremisten), "Naher Osten" (aka Krieg), oder "arabische Staaten" (aka Menschenrechtsverletzungen.
In der Berliner Sonnenallee sind nun aber Reisebüros, die genau diese Gebiete im Programm haben. Weil viele in dieser Gegend eben dorthin auf Urlaub fahren; in die alte Heimat zumeist.

Und wenn man dann die Namen liest, fällt einem ein, wie diese Region früher hiess: Orient. Und das hat einen ganz anderen Beigeschmack. Einen ziemlich Guten. Da mag viel Folklore drin stecken, Romantik und vielleicht sogar Karl May - aber der Begriff kling gut.
Ausserdem kann man sich dann das Äquivalent "Christliche Welt" zu "islamischer Welt" schenken - in meinen Ohren klingt das alles nicht wirklich prickelnd.
In der Berliner Sonnenallee sind nun aber Reisebüros, die genau diese Gebiete im Programm haben. Weil viele in dieser Gegend eben dorthin auf Urlaub fahren; in die alte Heimat zumeist.

Und wenn man dann die Namen liest, fällt einem ein, wie diese Region früher hiess: Orient. Und das hat einen ganz anderen Beigeschmack. Einen ziemlich Guten. Da mag viel Folklore drin stecken, Romantik und vielleicht sogar Karl May - aber der Begriff kling gut.
Ausserdem kann man sich dann das Äquivalent "Christliche Welt" zu "islamischer Welt" schenken - in meinen Ohren klingt das alles nicht wirklich prickelnd.
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Kein guter Tag, das.
uceda, 17:33h
Nazi-Marine-Richter Filbinger kriecht wieder aus dem Loch. Was damals ein Mitarbeiter der Mordmaschinerie war, kann heute kein Demokrat sein. Die CDU macht ihrem Ruf als Organisatorin einer neuen Rattenlinie zu Amt und Würden mal wieder alle Ehre.
Und dann hat auch noch mein Lieblings-Kochblog dicht gemacht.
Ich glaub, ichgehe fahre jetzt Kronleuchter kaufen. Die schliesse ich dann an und sage: Mehr Watt!
Und dann hat auch noch mein Lieblings-Kochblog dicht gemacht.
Ich glaub, ich
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Montag, 17. Mai 2004
Man darf das schon schreiben, ihr Qualijournalisten.
uceda, 01:26h
Marika Rökk wurde nicht in den 30er Jahren bekannt. Eh eh, lieber Spiegelautor. Marika Rökk war eine Hauptprotagonistin des NS-Films. Marika Rökk wurde von Goebbels Propagandamaschine zum Star gemacht. Marika Rökk hatte die freie Wahl, wohin sie ging - sie entschied sich für die Nazis. Sie tanzte den Adolf Hitler, mit einer aufmarschierten Kompanie Stechschritt-Hüpfdohlen, links zwo drei vier. Bis sie 1945 Berufsverbot bekam.
Just another Nazi (and Post Nazi) Actress, who never knew anything.
Just another Nazi (and Post Nazi) Actress, who never knew anything.
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Freitag, 14. Mai 2004
100 Hools
uceda, 01:24h
mit Shirts, auf denen für die BSR, die Berliner Stadtreinigung geworben wurde. In lauter, glänzender, ziemlich besoffener Laune.

Auf der anderen Strassenseite stand eine Hundertschaft einer gewissen grünen Stadtreinigung, die darüber wachte, dass mir keiner von denen vor den Bug meines blauen Kleinwagens lief.
Ich habe im Nebenfach Paläographie studiert. Sogenannte "gotische Schrift" - eigentlich gotische Minuskel mit ihren Frakturen und Serifen ist für michts anderes als eine normale Entwicklung des hohen Mittelalters, und beileibe nicht mit Extremismus verknüpft. Auch die hebräische Schrift weist damals diese Stilmerkmale auf.
Und unter den Nationalsozialisten wurde die "gotische Schrift" schliesslich als "schwabacher Judenfraktur" diffamiert und letztendlich verboten.
Das sollte man solchen Typen mal erzählen, wenn nach dem Gegröle wieder nüchtern sind. Vielleicht würden sie dann ihre Flaggen in Arial bedrucken.

Auf der anderen Strassenseite stand eine Hundertschaft einer gewissen grünen Stadtreinigung, die darüber wachte, dass mir keiner von denen vor den Bug meines blauen Kleinwagens lief.
Ich habe im Nebenfach Paläographie studiert. Sogenannte "gotische Schrift" - eigentlich gotische Minuskel mit ihren Frakturen und Serifen ist für michts anderes als eine normale Entwicklung des hohen Mittelalters, und beileibe nicht mit Extremismus verknüpft. Auch die hebräische Schrift weist damals diese Stilmerkmale auf.
Und unter den Nationalsozialisten wurde die "gotische Schrift" schliesslich als "schwabacher Judenfraktur" diffamiert und letztendlich verboten.
Das sollte man solchen Typen mal erzählen, wenn nach dem Gegröle wieder nüchtern sind. Vielleicht würden sie dann ihre Flaggen in Arial bedrucken.
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Freitag, 7. Mai 2004
Shabbat Shalom, diesmal wirklich,
uceda, 23:30h
denn für heute ist es genug. Ich war Einkaufen - ich habe noch einen Perserteppich als Andenken besorgt. Dabei bin ich quer durch Kreuzberg, und beim 7. Trödler, einem alten Mann, habe ich dann auch ein potenzielles Objekt im hinteren Raum entdeckt. Noch nicht mal teuer, aber leider schon fleckig. Als ich noch rumüberlegte, ob der Teppich mit 3 mal 4 Meter nicht zu gross ist, fiel mein Blick auf die Wand. Der Sohn des Verkäufers betätigt sich offensichtlich als Künstler, alles war voll mit Ölfarbenirgendwas zwischen Abstrakt und Naiv.
Die letztere Kategorie wurde von einem Gemälde repräsentiert, in dem erkennbar ein Israeli mit Pistole in der Hand auf einen Typen mit Palästinaflagge losgeht, dessen Kopf stark blutet. Das Bild ist eindeutig von einem Pressephoto abgeleitet, das in den ersten Tagen der neuen Intifada als Beispiel für die Brutalität der Israelis um die Welt ging, bis sich dann herausstellte, dass der angegriffene "Palästinenser" ein Israeli war, der von einem Mob gejagt wurde - und der Soldat versuchte, ihn vor dem Lynchen zu bewahren.
Aber was ist schon die Realität gegen die Macht der Bilder? Nichts. Vielleicht ist es dieses eine Bild, das der Künstler verkaufen wird, und das wird dann oft nachgemalt und hängt dann da in den Wohnzimmern arabischer Familien, wo bei meinen Eltern der Posse hing, oder bei mir die Bilder von Loustal.
Ach so, der Teppich. Wohl doch zu gross. Und selbst wenn er gepasst hätte, und ich allerlei Bedenken beiseite geschoben hätte: Bei Trödler No. 9 kam dann der Teppich, den ich mir vorgestellt hatte: 2,20 mal 3,50, persisches Gartenmotiv, sehr hell. Spottbillig. Genommen.
Der Händler erzählte mir, dass niemand mehr Teppiche will. Die Leute wollen, sagte er, Auslegware, von Kante zu Kante. Keine Fransen, keine Motive. Schade, eigentlich. Ich bin mit Teppichen gross geworden. Die waren damals, vor 25 Jahren schon sehr teuer, aber sie sind heute noch schön.
Die letztere Kategorie wurde von einem Gemälde repräsentiert, in dem erkennbar ein Israeli mit Pistole in der Hand auf einen Typen mit Palästinaflagge losgeht, dessen Kopf stark blutet. Das Bild ist eindeutig von einem Pressephoto abgeleitet, das in den ersten Tagen der neuen Intifada als Beispiel für die Brutalität der Israelis um die Welt ging, bis sich dann herausstellte, dass der angegriffene "Palästinenser" ein Israeli war, der von einem Mob gejagt wurde - und der Soldat versuchte, ihn vor dem Lynchen zu bewahren.
Aber was ist schon die Realität gegen die Macht der Bilder? Nichts. Vielleicht ist es dieses eine Bild, das der Künstler verkaufen wird, und das wird dann oft nachgemalt und hängt dann da in den Wohnzimmern arabischer Familien, wo bei meinen Eltern der Posse hing, oder bei mir die Bilder von Loustal.
Ach so, der Teppich. Wohl doch zu gross. Und selbst wenn er gepasst hätte, und ich allerlei Bedenken beiseite geschoben hätte: Bei Trödler No. 9 kam dann der Teppich, den ich mir vorgestellt hatte: 2,20 mal 3,50, persisches Gartenmotiv, sehr hell. Spottbillig. Genommen.
Der Händler erzählte mir, dass niemand mehr Teppiche will. Die Leute wollen, sagte er, Auslegware, von Kante zu Kante. Keine Fransen, keine Motive. Schade, eigentlich. Ich bin mit Teppichen gross geworden. Die waren damals, vor 25 Jahren schon sehr teuer, aber sie sind heute noch schön.
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Freitag, 7. Mai 2004
Zitat des Tages
uceda, 00:44h
"Diese ganzen religiösen Eiferer, die noch nicht mal säkular sind, was haben die bitte mit Judentum zu tun, so wie wir es kennen? Nichts! Eben!" Sagte der ältere Herr ind blickte in die Runde. Alle nickten andächtig.
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