Dienstag, 7. Dezember 2004

Man entgeht ihm nicht
Noch nicht mal im Büro, das expressis verbis jüdisch ist. Ihm, dem Majority-Grauen in Coca-cola-rot und debilem Kiffergrinsen über verfettetem Körper:



Aber es tut ihm vielleicht mal ganz gut, hier mitzubekommen, wie man sich als Minderheit so fühlt.

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Sonntag, 5. Dezember 2004

Irgendwie fremd
Das, von dem die Rechten immer reden, von den Fremden, die zwar hier leben, aber in diesem Land innerlich nie angekommen sind - das sollte man nicht so einfach wegwischen.

Natürlich denkt das Leitkultur-Luder dabei an finstere Orientalen, die sich anders anziehen und beim frühen Tageslicht Obstkisten schleppen, und deren Söhne in tiefergelegten Fords Schnulzen aus Istanbul laufen lassen. Ich fahre keinen Ford, meine Familien leben seit Jahrhunderten hier, weitaus länger jedenfalls als das "Flichtlings-Gschwerrl", wie der gnadenlose bayerische Volksmund die Sudetendeutschen bezeichnet. Die im übrigen doch auch in ihren Mercedes-Limousinen Schnulzen aus der Egerländer Heimat hören, aber das ist eine andere Sache. Ich und viele meiner Freunde, beileibe nicht nur Juden, empfinden eine, sagen wir mal, abstammungsbedingte Fremdheit. So wie die junge Frau, mit der ich gestern Essen war: Intelligent, gute Ausbildung, gleich nach der Geburt nach Deutschland gekommen, die Eltern selbst auch ein deutsches Idealpaar. Nur eben - sie kommt aus einem anderen Erdteil, das sieht man ihr an, im besten Sinne des Begriffs.



Das führt trotzdem in ihrem Leben zu Konflikten und Problemen. Es liegt nicht an ihr, sondern an der Umwelt, die damit nicht umgehen kann, blöd schaut, gewisse Erwartungen in ihre "Rasse" setzt, und ich vermute stark, dass es bei Menschen aus Afrika nochmal eine Ecke heftiger kommt.

Andere Bekannte haben Namen, die die Herkunft erkennen lassen, auch wenn sie nicht anders aussehen als Hinz und Kunz, Respektive bei jüdischen Freunden, Creti und Pleti. Es sind Kinder und Enkel von Menschen, die teilweise schon vor fast 60 Jahren hier angekommen sind, alle sind hier geboren, sprechen perfekt Deutsch - was schon wieder so ein Zeichen der Fremdheit ist. Aber wenn wir uns treffen, genügen meistens nur ein paar Worte, ein, zwei Fragen, und schon reden wir über das, was uns anders erscheinen lässt, und über die Frage, ob wir anders sind. Die Fortsetzung der jüdischen Selbstzweifel im Lichte der "Multi-Kulti-Gesellschaft", an die auch nur die Arschgeigen glauben, die die Realität da draussen in ihren versifften Bierzelten nicht mitbekommen. Multi-Kulti ist ebenso wünschenswert und unwahrscheinlich wie ein Ende der (Männer-)Gewalt in den Familien.

Und weil für den grossen Teil der Mehrheitsbevölkerung Döner oder Chinapfanne und einen kleineren Teil das Klezmerkonzert und japanische Geigerin die Inbegriffe von zulässigem Multi-Kulti sind, weil ihnen der ganze Rest vollkommen am amtlich-arischen Arsch vorbei geht, sitze ich dann mit einer schönen Frau beim Essen, sage ihr, dass sie sich den ganzen Dreck nicht zu Herzen nehmen soll, so what, schlimmer wäre es doch, wenn wie genau so wie die anderen wäre, aber innen drinnen weiss ich, dass sie sich die Dinge nur bewusster macht, oder es ihr aufgrund ihrer Abstammung brutaler reingedrückt wird, als mir, der ich zu einer, wenn man so will, bevorzugt behandelten "Luxusrandgruppe" gehöre. Und damit, zumindest an diesem Abend, sehr fremd in diesem Land bin.

Und das ist nicht das Problem der tiefergelegten Fords, der lauten Musik, der Sprache, der Ghettos, der Erziehung, alles Dinge, die auf mich und meine musterdeutsch fremden Freunde nicht zutreffen - es ist das Problem der real existierenden Leitkultur. Wer da dann noch von mir einfordert, dieses bescheuerte NaziOralgedicht (Rechtsschreibung ist meine Stärke) auf einer vergewaltigten Haydn-Melodie zu singen, dem wünsche ich, dass er mal die Unterbodenansicht von Mehmeds tiefergelegtem Ford zu Gesicht bekommt, und zwar die ganze Strecke von der Mass bis an die Memel, und von der Etsch bis an die Belt. dass er sich zuvor mal mit der Realität auseinandersetzt - Gesprächspartner gäbe es genug.

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Es ist so mit dem Patriotismus:
Ich liebe Essen, ich liebe Ficken, und einiges mehr - aber dieses Land - ne, das liebe ich nicht, genausowenig wie jedes andere Land. Sollte ich einen Moment in Versuchung kommen, den Südrand der Alpen in Richtung Verona und die dortige Landschaft sowie die dortige Küche und die beim Sex knarzenden, dicken Hotelbetten zu lieben, muss ich nur an Berlusconi, Bossi und die Neofaschisten denken, um auch das nicht zu lieben.

Und ich werde auch nicht auf die Idee kommen, dieses Land indirekt zu lieben, indem ich es esse oder ficke oder sonstwas. Und wenn man Patriot sein will, sollte man beim CDU-Parteitag den Antrag stellen, die CDU wegen ständiger Inkompetenz, mit ihren braunen Rändern aufzuräumen, aufzulösen und das gesparte/eingenommene/auf schwarzen Konten beschlagnahmte Geld wohltätigen Zwecken zuzuführen.

Dann wäre Deutschlend einen guten Schritt weiter auf dem Weg zur Liebenswürdigkeit.

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Samstag, 4. Dezember 2004

Antisemitismusbekämpfung
made in Germany. Das geht so:

1. Studie wird erstellt

2. Ergebnisse werden präsentiert. Alles wird schlimmer.

3. Paul Spiegel beklagt die Untätigkeit in Politik und Gesellschaft.

4. Joschka Fischer stimmt ihm zu.

5. Angela Merkel stimmt ihm zu, Edmund Stoiber ist derweil in Garmisch bei den Gebirgsjägern, würde aber im Grunde genommen auch zustimmen.

6. Otto Schily stimmt und sagt, sein Haus tut alles und geht mit grösster Härte vor.

7. Ein grüner Hinterbänkler forfert mehr Mittel für die Prävention in Schulen.

8. Man beauftragt eine weitere Studie.

Heute kam in Bielefeld wieder so eine Studie heraus, und unter den dreitausend Personen zeigte sich ein schleichender Wandel ab, der mit genau abgewogenen Fragen eruiert wurde. Mein persönliches Empfinden sagt mir, dass es von Jahr zu Jahr besser wird, aber ich bin auch ein Optimist (was bekanntlich nur ein Mangel an Information ist). Allerdings sehe ich auch, dass sich diese 8 Punkte da oben nie ändern, es bleibt so. Bis zum nächsten Kongress, an dessen Ende dann feststeht, dass jetzt endlich was getan wird.

Im Ernst, wie kann man Jahr für Jahr die immer gleichen Reaktionen notieren und veröffentlichen, ohne sich dabei blöd vorzukommen?

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Dienstag, 30. November 2004

Es ist wieder soweit
Die Invasion der Rotröcke hat begonnen. Inzwischen, weil ich in Berlin bin und die ja brutal kulturlos in Ermangelung eigener offen für andere Kulturen sind, auch in der US-Variante mit Gnomen und Rentierzeugs. Und weil es hier kaum Nadelhölzer gibt, werden auch noch Lämpchennetzte um die kahlen Laubbäume geschlungen.



Ob es in Mexiko auch Kakteen mit Chr ... Chri ... na so Baumkugeln halt gibt? Aus einem Kaktus einen Chanukka-Leuchter machen ist leicht, aber aktusnadeln behängen? Aua, fast so schmerzhaft wie manche christliche Heiligenerzählung...wäre vielleicht was für die Weihnachtsausgabe vom Dschungelcamp mit Bibel-Dieckmann.

Wie auch immer, es ist Zeit, Schluss zu machen mit der Toleranz gegenüber der Mehrheitskultur und diesen komischen, sex- und exzessfreien Pseudofesten. Zumindest in den USA, wo es jetzt "Miraculous Jewbelation, the most extreme Hanukkah beer ever created" gibt. Am 7. Dezember, dem ersten Chanukka-Tag, ist in Washington D.C. das grosse Wetttrinken des jüdischen Chanukka-gebräus gegen das christliche Weihnachtsgesöff, muslimischer Weihnachts-Cai ist mangels Existenz nicht am Start. Contact John Snellgrove (john@saint-ex.com, 001-202-265-7839) for pricing and details.

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Mittwoch, 24. November 2004

In München steht ein Neonazi
vor Gericht, und es sieht gar nicht gut aus für ihn, nein nein. Schätzungsweise wird er längere Zeiten seines Daseins vor Walhalla die einschlägigen Parolen in die Wand einer Zelle ritzen müssen.

Nach dem Motto "Hart aber gerecht" hier ein Bild aus meiner Heimat mitsamt Geschichte, neudeutsch oral History.



Das hier ist ein mittelalterlicher Schlossgraben. Von oben hoch, von unten ziemlich sumpfig, zumindest war das noch so im April 1945. Also in der Zeit, als die US Army in diese Stadt einrückte; in deren Begleitung dann übrigens auch ein etwas angesäuerter Typ war, der hier etliche offene Rechnungen hatte: Mein Grossvater.

Nun hatte die Frau eines Obernazis, gewissermassen die braune Bloody Mary dieser Stadt und Multifunktionärin, monatelang damit zugebracht, die Frauen auf das gnadenlose Schicksal einzustimmen, das sie nach dem verlorenen Endsieg erwarten würde - all die grausigen schwarzen Monster, die da kommen würden, und ihre bestialischen Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Am Ende muss sie selbst daran geglaubt haben, denn als die Panzer mit dem Stern in diese braune Hochburg gerattert kamen, rannte sie zu dem besagten Burggraben, schwang sich heroisch-suizidal und flink wie ein Windhund über die Mauer, platschte im Walkürenflug in die Tiefe, die, wie erwähnt, nicht hart wie Kruppstahl, sondern eher weich wie braune Scheisse gewesen sein muss.

Die GIs zogen sie dann raus, säuberten sie, ohne der älteren hysterischen Schachtel etwas anzutun, und kümmerten sich um ihre gebrochenen Haxen, auf denen sie sich dann noch ein paar Dekaden durch die Stadt schleppte.

Meine Grossmutter hat mir diese Geschichte schon als Kind erzählt, und wann immer ich diese Grube sehe, muss ich - lächeln.

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Samstag, 20. November 2004

Zwei Bemerkungen
Man sollte nicht sagen, dass der Kampf um eine Stadt vorbei ist, wenn man weiterhin Zivilisten massakriert. Aber klar, wer tot ist, war Terrorist.

Und dann sollte man die Fresse halten, bevor man was über die "Leitkultur" sagt. Leitkultur in Deutschland ist inzwischen RTL II, das verstehen sowieso alle, und schlimmer kann ein türkischer Fernsehsender auch nicht sein. Mal wieder typsch Stoiber: Wenn es Probleme gibt, wird eine Nazi Nationalstolzdebatte vom Zaun gebrochen.

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Mittwoch, 10. November 2004

Al Aqsa Intifada
Nicht mehr nur als Intifada!



Jetzt auch als Konditorei lieferbar!

Ja, das Posting ist non pc und obendrein dämlich. Aber natürlich reisst es einen, wenn man Al Aqsa liest, weil man gleich was Schlimmes denkt - und dann sind das nette Leute, die nach eigenen Angaben "arabische und europäische backwaren" im Programm haben. Na denn.

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Montag, 8. November 2004

Moment mal.
Gab es da nicht einen amerikanischen Präsidenten, der was sagte, von wegen, der Krieg im Irak sei erfolgreich beendet?

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Freitag, 5. November 2004

Welchen Feiertag kippen?
Schwierig aus meiner privaten jüdischen Sicht, da eine Entscheidung zu treffen. Was den Tag der deutschen Einheit angeht - damals standen viele in den Gemeinden mit etwas Verwunderung vor dem, was da passierte. Manche dachten, es wäre das zu frühe Ende einer gerechten Strafe - nun, die dürften sich inzwischen weisgemacht haben, dass mit dem Ende der Mauer die Strafe, die früher nur 1/4 der Deutschen erwischte, in milderer Form alle betraf. Insofern könnten die also wirklich einen inneren Feiertag erleben, wenn sie auf die gequält-bemühten Feiern der Politprominenz gehen und sich über die Phrasendrescherei schief lachen.

Aber das waren nur die wenigsten. Die meisten, die ich kenne, standen dem Ding im Osten eher unemotional gegenüber, keine Freude, aber auch kein Jammern. Natürlich ist es gut, dass die Unterdrückung und Bespitzelung der religiösen Juden aufgehört hat, und die staatlich arrangierten Stasi-Juden auf dem Müllhaufen der Geschichte landeten, aber inzwischen ist man da längst wieder am Umdenken. Gysi ist, raunt man sich schon manchmal zu, eben doch einer von uns, man freute sich über die jüdischen Geschichten von Stefan Heym, und sogar die jüdische Seite des Markus Wolf findet soviel Wertschätzung, dass, wenn er irgendwo liest, schon auch Gemeindemitglieder auflaufen - zum klatschen, nicht zum demonstrieren.

So gesehen, verbindet einen doch manches ein klein wenig mit dem 3. Oktober, zumal es doch auch ein ziemlich entspannter Feiertag ist. Keine Verpflichtungen, kein plötzliches Religiositätsgedusel in der Nachbarschaft.

Zum Pfingstmontag - eben nur ein weiterer christlicher Feiertag, augenscheinlich der relativ gesehen überflüssigste, sonst würde man ihn nichteinfach zum Abschuss freigeben - hatte den Vorteil, in einer schöneren Jahreszeit zu liegen, ausserdem war es inmmer ein verlängertes Wochenende, was ja auch nicht schlecht ist. Allerdings wette ich, dass jetzut erst recht der Streit losgeht - die Kirchen werden auf die Barrikaden gehen, und das selbe Politik-Gesocks, das Schröder erst fehlenden Patriotismus vorgeworfen hat (Bush lässt grüssen), wird jetzt mit dem Untergang des christlichen Abendlandes kommen.

In diesen Fällen entlädt sich dan auch immer gleich der christliche Fundamentalismus in unserem Land, die schwarzen Netzwerke werden aktiviert, die gläubige Kamarilla in den öffentlich bezahlten Rundfunkanstalten wird aufbrausen, wahrscheinlich zieht auch die Gossenpresse mit, ach, das wird ein Aufschrei! Da wird man wieder sehen können, wie laizistisch dieser Staat doch ist.

Insofern kann man fast davon ausgehen, dass letztlich dann doch alles beim alten bleibt: Feiertag bleibt Feiertag, und unsereins muss sich am 24.12. wieder mal ein Alternativprogramm einfallen lassen.

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