Sonntag, 26. Februar 2006

Nach dem Pulverdampf
Ich schreibe gerade ein grösseres Stück über jüdische Organisationen. (Kunstpause)

Normalerweise geht es in solchen Fällen über peinliche Eitelkeiten, dumme Sager und Repräsentanten, die nicht denken, bevor sie reden. Und über die miserable Pressearbeit der Institutionen. Bei kritischen Fragen wird einfach nicht zurückgerufen. Oder gleich mit dem Anwalt gedroht. Und danach werden die Leserbriefbattalione losgeschickt, die den Beitrag nicht kennen, aber trotzdem maulen. Es gibt schlimmeres, etwa den christlichen Endzeitmob von "Honsestly Concerned" mit seinen eingestandenen Überreaktionen. Aber man braucht schon ein dickes Fell und einen mutigen Chefredakteur, um sich bei jedem zweiten Beitrag mit jemandem anzulegen, der keinen echten Konflikt mit den Medien gewohnt ist.

Nur diesmal liegt der Fall anders. Der Zentralrat und andere haben sich beim Karikaturenkonflikt ganz vorzüglich verhalten, genau das richtige gesagt und getan, auch wenn dann die Hasser am rechten Rand gewinselt haben, weil sie als selbsternannte Judenfreunde plötzlich nicht mehr mit den Juden argumentieren konnten - um solche Leute wird es ebenfalls gehen. Die ausgewogene Haltung gegen Provokationen wie die dänischen Karikaturen und die Solidarität mit den Muslimen machten es dann aber glaubwürdig, wenn der Zentralrat kurz darauf ausgewogen, aber bestimmt, gegen den Film "Tal der Wölfe" argumentiert. Wobei es auch in den türkischen Gemeinden viele Äusserungen gab, die den Film kritsch beurteilten.

Das war richtig gut gemacht. Jüdische Positionen wurden da intelligent und nachvollziehbar vertreten, selbst wenn die Aufregung gross und das Geschrei der Medien laut ist. Und das muss man auch mal sagen dürfen - der nächste Konflikt kommt bestimmt.

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Nun ist es natürlich viel einfacher, beim Film "Tal der Wölfe" "verbieten" zu rufen, wenn einem zum Karikaturenstreit noch etwas anderes als "Meinungsfreiheit" einfiel. Insofern konsistent und nicht lächerlich wie die einschlägigen Rechtsblogger - zu denen die Offensichtlichkeit ihrer Doppelmoral kaum mehr vordringen dürfte.
Trotzdem gibt es keine Stelle in dem Film, die ein Verbot rechtfertigen könnte - das wäre also eine Willkürentscheidung. Ich frage mich also, ob es vom Zentralrat schlau ist, das zu fordern - ausgewogene Meinung im Karikaturenstreit hin oder her.

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Es geht hier nicht um ein Verbot (oder Indizierung) von 'Tal der Wölfe' - das hat nichtmal Stoiber gefordert - sondern lediglich um die Anhebung der Altersfreigabe ab 18.
Es soll sichergestellt werden, daß der Film nicht von Kindern gesehen werden kann, die dafür noch nicht die geistige Reife aufbringen. Und das scheint mir auch gerechtfertigt, wie ich feststellen durfte. Ob Erwachsene immer die Reife aufbringen, zwischen der Fiktion des Filmes und der, auch nicht gerade leckeren aber doch vom Gezeigten abweichenden, Realität im Irak zu unterscheiden sei mal dahingestellt.

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Mmhh, also eine Einstufung ab 18 wäre okay. Der Film ist teilweise sehr drastisch in seinen Gewaltdarstellungen - z.B. auch in der Darstellung eines Selbstmordattentates auf einem irakischen Markt. Trotzdem - Appelle an Kinobetreiber haben im Gegensatz zu Appellen an die Zuschauer schon einen Geruch von Zensur an sich.
Die Bilder in dem Film hat die westliche Welt im wesentlichen selbst vorproduziert - jetzt muß sie mit den Zitaten auch leben.

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Den Aufruf an Kinobetreiber könnte man auch als Wirtschaftsboykott ansehen.
Aber es geht überhaupt nicht um die Gewalt im Film. Es würde keine Sau jucken, wenn es in diesem Film nur darum ginge daß sich Muslime gegenseitig auf brutalste Weise ums Leben bringen. Mit sowas wird der abgestumpfte Nachwuchs doch wohl fertig werden?
Objekt der Kritik ist hier vielmehr die Darstellung gewisser Besatzungstruppen als systematische Schlächter (was, jenseits aller Kritik, einfahc nicht stimmt) und die Darstellung von Juden als deren angebliche Hintermänner (was noch zehnmal falscher ist).
Leider ist es so, daß wir diese Bilder vorproduziert (und den Orient damit infiziert) haben, aber das bedeutet noch lange nicht, daß wir die zuschauen müssen, wie man die dummen Reden unserer Vorfahren wieder und wieder nachplappert.

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Naja, es ist übertrieben, daß die gesamten Besatzungstruppen als systematische Schlächter dargestellt werden. Das tun ja nur ein paar herausgehobene Bösewichter. Die Schießerei auf der Hochzeit z.B. ist eher ein Unfall. Es gibt halt böse Amis, welche die einfach nur ihren Job machen und mindestens einen guten Ami. Der gute will einen dieser bösen Schlächter-Amis verhaften (der wiederum die Gefangenen im Container erschossen hat), wird dann aber von diesem erschossen.
Es gibt nur einen Juden und der ist nicht als Hintermann dargestellt. Das ist der Arzt, der den Leuten Organe entnimmt, um diese in alle Welt zu verschicken. Hintermann ist der fiese Oberami. Es wird nicht ganz klar, wieso der überhaupt Befehlsgewalt hat, denn er ist kein Militär. Solche Konstellationen scheinen mir in Actionfilmen nicht unüblich.

Zusammengefasst: Deine Formulierungen sind übertrieben und fussen vermutlich auf Unkenntnis des Filmes.

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Japp, da mein Interesse den Film selbst zu sehen immer noch gen Null geht, basiert meine Meinungsbildung über den Film auf dem was andere darüber geäußert haben ein Spiegel Onlein- Artikel vom 16.02. - Der Autor, Cem Özdemir hat zwei Juden gezählt - und von mehreren Fans des Films.
Und die sehen die gezeigten Dinge als so wahr an wie die Buchstaben des Koran.

Warum ist eigentlich keiner von den guten Amerikanern Jude?

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Habe den Artikel gelesen. Okay, ich erinnere mich. "Feige den Schauplatz" verlassen hat der zweite also. Nun weiss ichs. War mir vorher völlig unklar, was der eigentlich tat oder sollte (3 Sekunden Rolle oder so). Fand ich aber trotzdem in dem Moment sehr schlau und angemessen, daß der einfach weggegangen ist. Die Situation legte das ja auch nahe.

Aber man kanns wohl auch so wie Cem Özdemir interpretieren. Und dann wirds ekelhaft. Überhaupt - ich will ja auch nicht den türkischen Nationalismus beschönigen. Die armen Kurden außerdem. Ein netter Film ist das keineswegs. Und ich will nicht sagen, daß Cem Özdemir unrecht hat - ich glaube nur, daß die westliche Welt, wenn sie sich in ihrem Anspruch ernst nimmt, anders als die arabische Welt zu sein, mit solchen Filmen leben muß - zumal wenn die westliche Welt solche Bilder wie Abu Graib & co liefert.

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