Freitag, 11. Februar 2005

Shabbat Shalom mit ein paar Worten
über den Luftangriff auf Dresden, der sich morgen zum 60. Mal jährt, und der in einigen Medien nicht weniger umfangreich als die Befreiung von Auschwitz begangen wird. Gerade bei Spiegel online hat man den Eindruck, dass Dresden die V2 fürs deutsche, angekratzte Bewusstsein ist, aber das muss man relativ sehen: Seit dem Bestseller "Der Brand" sind unsere Freunde da drüben natürlich auch auf den Trichter gekommen, mit den armen deutschen Bombenopfern und dem Luftkrieg der Alliierten Quote zu machen. Endlich können die Berufsbetroffenen mal die devote Pflichtgedenkerei lustvoll an sich selbst zelebrieren, heissa, im eigenen Arsch steckt es sich immer noch am Besten...

Also, Februar 45. Deutschland liegt schon am Boden, wehrt sich aber noch nach Kräften - Kurland, Ungarn, Westpolen, am Rhein, in Italien. Wenn die deutschen Piloten noch Benzin hätten, würden sie natürlich fliegen, gern auch bis nach London oder besser New York, zwecks Abwerfen einer Atombombe. Weil es weder passendes Fluggerät noch Bombe gibt, bomardiert man weiter London - erst ab 1940 mit Flugzeugen, was auf Dauer verlustreich ist, dann mit V1 und schliesslich, auch noch im Februar 45, mit V2-Bomben. Nebenbei hatte man den ein oder anderen Völkermord begangen, und die Geiseln der Zivilbevölkerung wurden auch nicht gerade zu Tode gestreichelt. Die, die das getan haben, wurden über den Eisenbahnknotenpunkt Dresden versorgt und an neue Frontlinien gebracht, und die meisten waren noch kräftig mit dabei bei der Sache des kleinen Österreichers, der gerade in den Bunker ging.



Also: Wie behutsam hätte man die Niederlage im 2. Weltkrieg denn gehabt? Bitte, lieber Ami, nur mit Negerküssen schiessen? Bitte, lieber Engländer, den wir 1940 leider nicht erobern konnten, bleib noch ein paar Wochen in Biaritz, oder geh an die Cote d´Azur? He, Iwan, wart noch drei Monate, dann ziehen wir uns komplett zurück, bauen unsere Stellungen ordentlich aus und bringen nebenbei noch den Holocaust zu Ende? Alle leben gern, aber weil eben jeder gern lebt, war jeder Tag weniger Krieg mehr gerettete Menschenleben. Dazu gehört auch, den Gegnern die Infrastruktur zu nehmen. Normalerweise wird, auch übrigens im Spiegel, gejammert, dass die Alliierten versäumt hätten, die Zugverbindungen nach Ausschwitz zu bombardieren. Hier haben sie es mal getan, damit die Todesmärsche aus den KZs erheblich behindert - und jetzt wird wieder gejammert.

Die Bombardierung Dresdens hat den Sieg der Alliierten erleichtert. Nicht viel unbedingt, aber immerhin. Vielleicht nicht der sinnvollste Luftangriff, aber ohne die wäre es nicht gegangen. Krieg bedeutet nun mal, den anderen bei jeder Gelegenheit möglichst schweren Schaden zuzuführen, und da waren die Deutschen nun mal die Meister, die anderen haben sich dagegen ziemlich zurückgehalten. Es war die Hölle für die Menschen am Boden, keine Frage, aber da stehen sie eben auch in einer Reihe mit vielen anderen Toten dieses Krieges, den die anderen nicht angezettelt haben.

Eine Sache noch: Spiegel Online bringt das Thema als Veröffentlichung der Tagebücher von Victor Klemperer, eines Juden, der damals in Dresden war. Nichts kann weniger angemessen sein, nichts ist feiger, als den Juden vorzuschieben, nach dem Motto, wir waren alle Opfer. Ich kenne auch eine Jüdin, die jetzt in Weiden lebt und das alles in Dresden, besonders aber auch die Jahre davor mit Zwangsarbeit und dauernder Todesgefahr auch mitgemacht hat. Sie sagt bis heute über die Deutschen da unten in der Hölle: Das geschah ihnen recht. Ich jedenfalls würde gern das Tagebuch eines Nazis lesen, das am 13. Februar wegen der Tods desselben endet. Das wäre dem Thema angemessen, und wäre für mich wirklich mal was Unterhaltsames.

Face it: Der einzige Grund, warum die Alliierten gewonnen haben, war der Umstand, dass Deutschland die Nazis ausgingen. Und das ging nun mal nur mit Bomben.

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Dienstag, 8. Februar 2005

Wolf Biermann
ist gar nicht so doof. Wie lange hat er eigentlich als bundesdeutsches Vorzeigeopfer der DDR gedient? Lange, sehr lange. Immer zornig, der aufrechte Kämpfer, unbeugsam, dafür nahm man seine Eitelkeiten gern hin, und auch für seine Vermutung, dass er etwas anderes sei als ein veralteter Klampfenbarde, nämlich ein "Dichter", hatte man Verständnis. Denn Biermann lieferte genau das, was diese Republik brauchte.

Dann kam der Wandel. Das DDR-Unrecht war nicht mehr so wichtig, Versöhnung war angesagt, vielen DDRlern war das Ganze jetzt peinlich, weil ja auch Onkel Willy IM war, wie so mancher Politiker der neuen ostdeutschen Demokraten jeglicher Coleur, also verschwand das Thema aus den Schlagzeilen. Und gleichzeitig übernahm die Shoa die Rolle als führender deutscher Gedenkanlass.



Das muss Biermann begriffen haben. Schon früh. Und damit setzte die Wandlung vom Ex-Ossi-Opfer zum grossen Player auf dem Markt der Gedenkkultur ein. Ein Interview nach dem anderen die jüdische Karte gespielt, den bis dahin kaum beachteten Vater ins Spiel gebracht, jiddische Gedichte "übersetzt", andere sagen verhunzt, und nun ist er im Bundestag an der Stelle angekommen, an der man vielleicht ohne einen gewissen Skandal Herrn Friedman hätte erwarten können.

Bin ich eigentlich der erste, dem die Parallelen der Mahner Friedman und Biermann auffallen? Die grosse Geste, die tiefere Bedeutung, der ergreifende Tonfall, das "In eine Tradition"-Stellen, das ich so von den Überlebenden absolut nicht kenne, das wohl ein Spezifikum mancher öffentlicher Vertreter der 2. Generation ist? Ich und viele meiner jüdischen Freunde haben ziemlich Angst davor, sich in diese Linie einzuordnen; wir sind Angehörige einer Luxusrandgruppe in einem stabilen Land, und es ist undenkbar, das, was es an schlimmen Geschichten in den Familien gibt, zu nehmen und in einer Form nach draussen zu tragen, die diejenigen, denen das Recht zusteht, nie getan haben. Gallinski war ziemlich hart, Bubis war sehr joval, und Spiegel und Knobloch, die auch noch zu dieser Generation gehören, scheinen sehr genau zu überlegen, was und wann sie sagen.

Das könnte bald vergebene Liebesmüh sein, wenn noch mehr Typen wie Biermann auftauchen, die das zu ihrem persönlichen Marketing nutzen. Die vielbeschworene Verantwortung im Umgang mit der Geschichte wird durch solche Gags ad absurdum geführt, wenn man sie den Biermännern überlässt. Natürlich gieren die Medien nach einem Vorzeigeopfer, an dem man alle Gefühle festmachen kann. Aber genau das ist der falsche Weg, denn irgendwann, eher bald denn später, wird das zu einer Übertreibung, einer Übersteigerung am falschen Objekt führen, und wenn das Gedenken erst mal zum Gag wurde, um Platten, Bücher oder die eigene Personality zu verkaufen - dann ist das nichts mehr wert. Und man wird und nicht zu Unrecht fragen: Warum soll man sich erinnern, wenn es doch nur denen dient, die sich ins Scheinwerferlicht drängeln?

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Mittwoch, 2. Februar 2005

Say it with a smile
und sie werden Dich mögen. Sie werden einfach übersehen, was Du sonst noch so zu sagen hast. Und wenn Du stirbst, werden sie um Dich trauern, auch wenn sie ansonsten, ohne Lächeln, Dich runtergemacht hätten.

Ich weiss nicht, ob jemand mal Interviews mit Kishon gelesen hat, in den letzten Jahren. Kishon war in den letzten Jahren ein beinharter Unterstützer der Politik Sharons, der jedes israelische Unrecht vehement bestritt. Kritk an Israel hat er kategorisch als antisemitisch abgelehnt. Manche seiner Quotes lassen einem den Mund offen stehen, bei allem Verständnis. Witzig war das nicht.

Sein deutscher Verleger Fleissner, ist nun nicht gerade das, was man als innigen Freund des jüdischen Volkes betzeichnen kann. Aber Kishon hat auch über Fleissner viel Nachsichtiges mit einem Lächeln gesagt. Was Fleissner natürlich hilft, auch an so Sachen wie "Zur Zeit" aus Österreich beteiligt zu sein. Ein jüdisches Kompliment ist immer eine gute Entschuldigung.

Nur mal so gesagt, zur Vollständigkeit der Nachrufe.

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Montag, 31. Januar 2005

Der erstaunliche Herr F.
Der erstaunliche Herr F. war gestern Abend bei einer Lesung im Roten Salon Thema - was er gern ist. Dass er nur am Rande das Thema war, quasi als Sidekick für eine andere Person, dürfte ihm dagegen weniger gefallen haben. Man tut ihm nicht unrecht, wenn man ihm eine gewisse Neigung zum Scheinwerferlicht nachsagt, und da war er eben nur sehr partiell. Allerdings sorgte er in dieser kleinen Nebenrolle für einen grossen Heiterkeits erfolg. Das Besondere: Während andere erst mal für ein Lachen durch den Kakao gezogen werden mussten, genügte bei ihm allein die Namensnennung. Wie bei einem Pausenclown. Und die Konkurrenz bestand aus - meines Erachtens - Berliner Republiksknallchargen wie Christiansen, Müntefehring, Eichel und Merkel, um nur einige herausragende Beispiele zu nennen.



F., oder besser Michel Friedman also gelingt es, für Erheiterung zu sorgen. Ohne ein einziges böses Wort über Prostitution und bewusstseinserweiternde Mittel. Einfach nur so. Die weiteren Dinge kamen dann ein paar Sätze später, und steigerten die Erheiterung zum Höhepunkt des bisdahin schon fortgeschrittenen, nicht gerade von Traurigkeit bestimmten Abend.

Natürlich drängelt sich Friedman heute wieder auf alle Kanäle. Und keine Journaille fragt gross, was die Leser davon halten, denn immerhin redet der Mann, wenn man ihn fragt oder auch nur den Anschein erweckt, eventuell fragen zu wollen. Das ist bei Vertretern des offiziellen Judentums sehr selten, zumal die dann auch noch sehr genau überlegen, was sie sagen. Ein wunderbares Beispiel dieser Gattung ist eine wirklich grandiose Dame in München, die erstens sagt, sie könne das mit dem Interview gar nicht, es sei ihr eine Qual, und 2., wenn man ihr dann gegenübersitzt, nach dem Mikrophon greift, es einem ratzfatz aus der Hand zerrt und dann loslegt - aber kein Wort mehr als nötig. Friedman ist da anders.

Aber was halten die Leser davon? Wenn das gestern relevant war: Wenig bis gar nichts. Gäbe es solche Reaktionen bei Paul Spiegel, Charlotte Knobloch oder Salomon Korn, den Präsidenten und seinen Vize im Zentralrat? Nein, wohl kaum. An denen ist Äusserlich auch nichts zu lachen, auch wenn alle drei, zumindest nach meiner Erfahrung, im normalen Gespräch sehr lustige Menschen sind. Aber Friedman, früher der Inbegriff der bierernsten, moralischen Debatte, bringt heute die Leute zum lachen. Einfach so, durch seine Erwähnung.

Vielleicht darf er auch mal wieder in die ARD. Obwohl, mit 48 Jahren und dem Rückschlag wird es eng. Kann aber dank dem obskuren Christiansen-Netzwerk schon mal passieren. Aber meine Lebenserfahrung sagt mir, dass dieser erstaunliche Herr F. mit seiner allglatten Fassade dennoch die Lacher bekommt, und kaum Sympathie. Und damit am Ende eines Weges ist, aus dem es kein Zurück mehr gibt. Es ist gut, wenn man über Leute lachen kann, aber nicht so, wie gestern abend gelacht wurde. Das war das Lachen, das sonst vielleicht noch die D-Klasse-Promis in der Burg bekommen.

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Bäh
In Berlin werden die Strassen nicht geräumt. Noch nicht mal die Hauptverkehrsadern, so fertig, pleite und verrottet ist diese Stadt.



In Bayern können wir mit solchen Verhältnissen umgehen. Wir lernen das Gas geben, das Driften, die Kunst, auf Eis sicher zu bremsen. Ausserdem haben wir Winterrreifen. Angesichts der hilflos schlitternden Berliner hilft das nicht viel. Man sollte diese Leute hier bei solchen Strassenverhältnissen nicht ans Steuer lassen.

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Freitag, 28. Januar 2005

Dieses Wegzieh-Grübeln
ist, zumal wenn öffentlich vorgebracht, eher peinlich. Wer gehen will, der geht, und labert nicht rum. Das Bejammern des Antisemitismus in diesem Zusammenhang etwas fragwürdig; neue Untersuchungen zeigen keinen besonderen Anstieg, und viele andere Juden sind der Meinung, dass es inzwischen, im subjektiven Erleben, viel besser ist. Seit meinem Besuch beim AStA Frankfurt habe ich eigentlich keine Judenfeinde mehr erlebt, und die selbst sahen sich auch nicht so.

Was will uns Nichel Friedman also mit seinem öffentlichen nachdenken um seine Person sagen? Dass er wirklich darabn denkt, zu gehen? Hätte er das auch gedacht, wenn er noch in Amt und Würden wäre, oder, wie es wohl geplant war, bald auch Vorsitzender des Zentralrats?

Oder erleben wir bald herrn Friedman, der nach einem Amt, einer sendung ruft, um den Kampf gegen den Antisemitismus aufzunehmen, und ansonsten sich mit Pizza für 26,60 Euro zufrieden gibt?

Manchmal denke ich, der merkt gar nicht, wie schräg sowas kommt.

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Donnerstag, 27. Januar 2005

Der 27.
Ich war gestern auf einem "jüdischen Abend" hier um die Ecke. 70% Juden, und noch ein paar andere. Stimmung war gut, Essen war gut, habe mich blendend mit einer rasend schönen Perserin unterhalten, obwohl sie einen Kreuzanhänger trug. Augen hatte die.

Am Rande mitbekommen, dass Biermann mal wieder einen auf Quotenjuden gemacht hat, nachdem er jahrelang so ziemlich alles sonst gemacht hat, was ihm Geld gebracht hat. Christlich-Marxistische Gebete in der DDR, dann Gitarren beschrammeln, später ausreisen und Pfötchen geben, irgendwann auch mal bei der CSU am Kamin. Hatte mal ein grosses Interview von ihm vorliegen. Undruckbar. Krank. Hab´s in die Tonne getreten, philosemitische Scheisse. Angeblich hat er seine "Übersetzung" von Katznelson vorgetragen, ein miserables Machwerk, wie so ziemlich jeder sagt, der von Jiddisch etwas Ahnung hat. Örgs. Jedes Land kriegt die Judendarsteller, die es verdient.

In den Blogs quergelesen. Sind die wirklich alle so drauf? Weia. Kann wenig dazu beitragen. Ausschwitz ist nicht mein Ding; die fränkischen Juden wurden in Piaski erschossen, gleich am Bahndamm, aber das ist nicht so spektakulär wie Ausschwitz, also juckt es niemanden. Das hätte sicher auch einen Gedenktag verdient, aber dann müsste man 365 Tage im Jahr sowas machen, aber das hält garantiert keiner durch. Und dauernd hätte man irgend eine runde Zahl mit einer 5 oder 0 hinten, wo der Auftrieb ganz besonders stark und laut und klampfensängerverseucht wäre. No way.

Ich hatte mal eine Bekannte, die nicht wusste dass ich Jude war. Ich wusste auch nicht, dass sie eine Rechtsextremistin war. Wir mussten ein Referat zusammen machen. Ungefähr die gleiche soziale Schicht. Einmal, als wir Essen waren, meinte sie, sie glaubte nicht unbedingt an den Holocaust, das sei ziemlich übertrieben. Ich habe das nächste Mal fürsie gekocht und den Tisch gedeckt. Sie hatte ein Faible für schönes Besteck, und fragte mich zwischendrin, wo ich das exquisite Silberbesteck her habe. Hochzeitsbesteck von der Cousine meiner Grosstante, Gravur von 1933, nach 1945 gerettet, im Gegensatz zur Cousine, die in Piaski mit ihrer Familie umgebracht wurde. Das habe ich dieser jungen Frau erzählt, während des Hauptgangs. Ich vermute, sie hat damals begriffen, was Gedenken ist, jedenfalls sah sie nicht mehr so gut aus, als sie vom Klo kam, aber sie hatte es auch nötig. Aber sonst? Warum ist 60 Jahre so viel wichtiger als 57, 58 und 59 war? Hat sich was seit Einführung dieses Tages verändert? Mal ehrlich? Nein?

Dann können wir auch wieder zur Tagesordnung des 27. übergehen. Punkt 1: Gedenken ist Privatsache. Punkt 2: Mein Date hat heute abend abgesagt. Mist.

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Mittwoch, 26. Januar 2005

Blow up
Nochmal zu dieser Polo-Geschichte: Nein, selbstmordattentate sind nicht witzig. Und Werbung, die damit spielt, ist es auch nicht. Aber der Plot, der da gezeigt wird, ist es.

Weil: Er zeigt die Bescheuerten als das, was sie sind: Arme, blöde Würstchen. Und natürlich wünscht man ihnen, dass, wenn sie schon Märtyrer werden wollen, es genau so machen wie in dem Spot. Für sich allein, ohne anderen Schaden zuzufügen. Und dann ist da auch die Hoffnung, dass dieses Video seine Kreise zieht. Man stelle sich mal so ein paar halbstarle Kids vor, die Selbstmordattentate cool finden - also einen grossen Teil der Jugend in Palästina. Wenn die das sehen - können die den Dreck, den ihnen Hamas und Co. in die Köpfe pflanzen, noch ernst nehmen?

Es gibt da etwas Artverwandtes: Im Rahmen des Prozesses wegen des geplanten Attentats auf den Strassburger Weihnachtsmarkt behaupteten die Angeklagten, man habe nur aus versehen und wegen mangelnder Erfahrung das Münster observiert - eigentlich sei es um jüdische Einrichtungen gegangen. Angenommen, es stimmt: Dann muss man sich mal deren Obermacker vorstellen, wenn er Osama anmailt:

Hi Osama,

also, bei aller Liebe: Die Jungs, die Du mir geschickt hast, sind echt knülle. Da gebe ich denen die Videokamera, drei Stunden später sind sie wieder da. Ich lade Achmed von der Hisbollah und Mahmud vom iranischen Geheimdienst zum Video gucken ein, und was passiert? Diese IDIOTEN haben den Weihnachtsmarkt und das Münster gefilmt!!! So eine Pleite! Ich mein, ich verstehe ja, die kommen aus dem hintersten Afghanistan, aber wenn die bei Euch lernen, dass das grösste Gebäude automatisch den schwerreichen Juden gehört, dann passt das hier wirklich nicht in die terroristische Landschaft. Kannst Du Dir vorstellen, wie ich jetzt dastehe? Sowas Peinliches...

Dein tief enttäuschter

Maghib

Ohne Bombe, ohne Waffe - was bleibt von solchen Leuten übrig? Eine Witzfigur. Sonst nichts. Und als Witzfiguren sollte man sie auch kenntlich machen. Die wollen cool und gefährlich wirken, die wollen sich den tollen Kämpfer raushängen lassen - dabei sind sie nur feige, missratene, lächerliche Versager. Wenn man ihnen das klar macht, wenn sie das sehen, wenn sie darüber vielleicht mal lachen, kann das helfen. Den Versuch ist das auf jeden Fall wert.

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Dienstag, 25. Januar 2005

Terroristen würden Polo fahren.
und sich dann wundern, wenn sie sich noch wundern könnten.



Nein, das ist nicht wirklich ein geschmackvoller Werbespot, er ist auch nicht feinfühlig, und natürlich ist es bedenklich, wenn der Typ am Steuer so deutlich als Araber gekennzeichnet wird. Aber einige Reaktionen wie die von VW selbst, die massiv bestreiten, eine Viral marketing Kampagne mit dem Spot zu fahren, sind etwas übertrieben. VW will die Macher verklagen. Und viele andere finden das auch nicht gut.

Ich gestehe: ich musste erst mal furchtbar lachen. Instinktiv. Und warum soll man sich über Selbstmordattentäter nicht lustig machen dürfen? Mal ganz ehrlich: Ernst kann man diese Typen doch nicht nehmen, wenn sie keine Bombe haben - oer eben im Polo sitzen.

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Freitag, 14. Januar 2005

Shabbat Shalom unter Ausschluss des Spiegels.
1934 entschloss sich ihr Vater, sie nach England zu schicken. Er hatte Kontakte in die Schweiz gehabt, und eine Tochter eines dortigen Bekannten hatte nach England geheiratet. Diese Frau war selbst noch keine dreissig Jahre alt, und stimmte sofort zu, das Mädchen aus Deutschland aufzunehmen. Das junge Ding wurde in den Zug Richtung Schweiz gesetzt, dort in Empfang genommen und mit Geld versehen, und von da aus ging es weiter über Rotterdam in die Nähe von London.

Was genau in Deutschland los war, hat sie damals noch nicht verstanden, und es war auch kein wirkliches Problem für sie. Dass ihr Grossvater ab und zu mal in die Synagoge gegangen war, lag lange zurück, irgendwann im Kaiserreich. Sie war ohne Bekenntnis aufgewachsen, ausser natürlich dcm Bekenntnis zu Deutschland. In England war das schnell vergessen, denn die Familie sorgte dafür, dass aus ihr so schnell wie möglich eine perfekte junge englische Lady wurde. Sie spielte Tennis, lernte die englische Art der Teezubereitung und das Essen von Orangen mit dem Obstmesser, verlor den deutschen Akzent, und nahm kaum wahr, was auf dem Kontinent passierte. Bis 1939.

Dann wurde aus der jungen Dame plötzlich eine Fabrikarbeiterin, die Munition herstellte, und Ende 1940 eine Helferin auf einem Flughafen. Die jungen Männer, die dort flogen, lebten nicht oft länger als 2 Monate, dann waren sie verschollen, abgeschossen, verbrannt. Es muss eine furchtbare Zeit gewesen sein, selbst für junge Menschen, die damit vielleicht besser fertig werden. Wenn das Mädchen von damals heute über diese Zeit erzählt, ist das nicht lustig. Sie hatten das Gefühl, "the last man standing" zu sein, und sie selbst wusste 1943 nicht, ob sie nicht die einzige Überlebende ihrer Familie sein würde. Natürlich hasste man die Deutschen.

1947 kam sie nach Deutschland zurück, weil ihre Familie noch Glück gehabt hatte. Es gab einige Überlebende; einer davon kam mit den Amerikanern zurück und jagte Nazis. Das alles dauerte eine Weile, man musste sich erst mal sortieren, Überlegungen wurden aufgeschoben, dann war die Lage in Israel eher schlecht, und in Deutschland fand man sich doch schneller wieder ein, als es zu erwarten gewesen wäre. Die Frau ging nur kurz zurück nach England, holte das Gepäck, die Teekanne, das Obstbesteck ab, und erzählte später in ihrem mit schweren britischen Möbeln eingerichteten Haus ihren Grossneffen, wie das damals auf dem Airfield bei den jungen Briten war, die stoisch und gefasst in den Tod gingen, weil es jemand machen musste, um die Welt zu retten. Manchmal kamen alte Bekannte von ihr aus England; allesamt höfliche, distinguierte Leute; keiner hasste Deutschland nach meinem Wissen, aber sie waren stolz; auch die Krüppel und Witwen unter ihnen.



Was ich damit sagen möchte: Das Bild, das der Spiegel-Korrespondent Matthias Mattuseck voller Häme anlässlich des Versagens des englischen Thronfolgers verbreitet, von den krauthassenden, dumpf deutschfeindlichen Briten; dieses Bild ist in meinen Augen auch nur ein Stück Propaganda, nicht anders als das Geschrei der Sun. Es ist aber auch die Fortschreibung einer Tradition des Spiegels; die Tradition der alten Nazis, die dort in den 50er und 60er Jahren in der Redaktion waren; es ist ein Stück mickriges, kleinliches Stück Rache eines Typen, der genauso geifert, wie das den Krauts unterstellt wird, und dessen moralische Empörung darüber, dass die Briten so wenig über Ausschwitz wissen, auf ihn zurückfällt: Denn die britische Geschichte ist, bis zum Letzten diejenigen niederzukämpfen, die Ausschwitz geschaffen haben. Das werden die Briten nicht vergessen, und niemand, der mit ihnen gekämpft hat. Es war nicht weniger als "the finest hour", und weitaus wichtiger als das Wissen um den Völkermord scheint es mir, dass es Völker gibt, die im Zweifelsfall in Erinnerung an ihre Heldentaten wieder ihre Söhne in den Krieg gegen die verbrecherischen Regime und ihre helfenden Völker schicken.

Heldentaten, Krieg, das mag man hierzulande gar nicht hören, ich weiss. Aber wenn die Briten den Kampf nicht aufgenommen hätten, dann würde es dieses Blog und seinen Autor mit 100% Sicherheit nicht geben, und viele seiner Leser würden statt dessen vielleicht gerade die wichtigsten Passagen von "Mein Kampf" büffeln. Briten sind in ihrer Ablehnung dessen, was man mit Krauts verbindet, also Herrenmenschentum, Arroganz und Dumpfheit, sehr feine Menschen. Was man von manchen Spiegel-Mitarbeitern nicht behaupten kann.

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