Sonntag, 20. Juni 2004

Normalerweise tue ich sowas nicht
aber diesmal treffen mich die Fragen von cult7 ins Mark, habe ich doch letzte Woche zugesagt, noch ein verfluchtes Jahr hier in Berlin dranzuhängen. Hier also die Echtzeitvariante der Fragen, was ich tue, wenn ich 7 Jahre in Verbannung muss (1 Jahr Berlin entspricht in etwa 7 Jahre Kabul oder Medellin oder o,75 Jahre Leipzig):

In 25 Stunden verlässt du das dir bekannte Leben und musst für sieben Jahre unfreiwillig weggehen.
Nenn mich Depp, bitte. Die Fragen?

1. Was ist dein letztes Essen zu Hause, Depp?
Danke. Pappenheimer Apfelstrudel und ganz viele bayerische Brezen der Bäckerei Uhlmann.

2. Was ist dein letzter Song?
Die Ärzte, Der Rebell, selbst intoniert unter einer anständig eingebauten bayerischen Dusche, bei der keine Kacheln von der Wand fallen, in einem Haus, das nach 400 Jahren besser aussieht als jeder Berliner Neubau. Und auch in 400 Jahren noch da ist - was ich von Berlin nicht erwarte.

3. Was wird deine letzte Handlung in deiner jetzigen Freiheit?
Wenn irgend möglich: Ficken*.

4. Welchen Ort besuchst du auf jeden Fall noch einmal?
Das Bett. Zum Ficken. In besagtem 400 Jahre alten Haus. Meine Oma wegen des Apfelstrudels. Ist aber im gleichen Haus, 4 Stockwerke weiter unten.

5. Welchen Gegenstand, den du immer bei dir tragen darfst, nimmst du mit?
Eigentlich hätte ich gesagt: Die Gesänge Schelomos. Aber die habe ich auf meinem Notebook. He, ich muss nach Berlin, kann mir jemand einen Flammenwerfer in den Thinkpad einbauen?

6. No way. Verstösst gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, du Depp. Aber du darfst einen Brief mitnehmen. Von wem ist er, und was steht darin?
Von einer wunderbaren Frau, die ich nie vergessen werde. Es war nur ein Zettel, den sie mir gab, und darauf stand: "Ich möchte mit Ihnen schlafen. Wenn Sie das auch wollen, lächeln Sie. Sie dürfen diesen Zettel behalten".
Es war too good to be true. Aber das war damals so, in den wilden, frühen 90ern.

7. Welchen Ort besuchst du nach deiner Rückkehr als erstes?
Das Piano Nobile des 400 jahre alten Hauses, wo meine Oma mit dem Apfelsrudel schon auf mich lauert und mir Vorwürfe macht, weil ich zu selten angerufen habe. Was ich eigentlich jetzt gleich tun sollte. Sofort.

Roger and Over.

*Edit: Und zwar einen Trostfick on der Sorte, wie Etgar Keret ihn in seinem wunderbaren Buch "Pizzeria Kamikaze" beschreibt. Vielleicht mit einer Frau, mit der man monatelang rumgetan hat, nie genau wusste, woran man bei ihr war - und in der letzten Nacht dann das Aufeinandertreffenm, das einen aus der Lebensbahn schiesst wie eine Billard-Kugel, und man sitzt im Auto und denkt nur: Was hab ich nur getan, und warum fahre ich weg?

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Lebkuchenhaus?
im 1. stock ein puff und 2. stock unter der erde werden alte menschen im apfelstrudelverlies zum backen gezwungen ... *ruf 110*

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ohne da zuviel hineingeheimnissen zu wollen, aber du hast dir schon die richtige aggrostimmung für berlin angezüchtet, bald kann man dich wohl auf den straßen hier sehen, irre blicke und unverständliches vor sich her murmelnd?

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Äh - hast Du etwa ein Problem mit Psychopathen? ;-)

Keine Sorge, ich bin auch zu vielen anderen Städten nicht nett, München, Jerusalem, Leipzig...

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@roland
Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ein bayerischer bub etwas positives über preußen sagt o_O
die haben den minderwertigkeitskomplex quasi abonniert. daran ändert auch diese kurzfristige ökonomische überlegenheit nix. zurücklehnen und milde lächeln.

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Wobei
diese ökonomische Überlegenheit nur durch Ausnutzung unserer (=norddeutschen) Hilfsbereitschaft zustande gekommen ist. Jahrelang haben wir denen geholfen, die Lebensqualität zu verbessern (siehe weniger Kröpfe etc), und was ist der Dank?
Durch jahrelange Vetternwirtschaft wurde alles nach Bayern gelenkt und deshalb geht es uns jetzt schlecht (siehe Bremerhaven).

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das war von mir gar nicht als berlin-verteidigung gedacht, eher umgekehrt: denn in der beschriebenen weise würde man sich ja wunderbar ins stadtbild fügen.

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Als Subventionskropf Bremerhaven ist man nur partuell besser als die Steuereiterbeule Berlin, und möchte zu Bayern besser schweigen. Hätten es die nerdeutschen nicht freundlich gegeben, wir hätten es uns einfach unfreundlich genommen.

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