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Dienstag, 22. Juni 2004
Coujewsine! Heute: Minztee nicht a la Herzl
uceda, 22:51h
Bald jährt sich der Todestag von Theodor Herzl, dem Erfinder und Begründer des modernen Zionismus, zum hundertsten Mal. Den assimilierten Juden in ihren Bürgerhäusern galt er als Spinner, und auch in meiner ziemlich nationalistischen Familie galt die Vorstellung, in eine britisch verwaltete Zone zu gehen und sich dort auf den steinigen Feldern die Malaria zu holen, als ausgesprochen dämlich.
Nun, meine Familie lag falsch, Herzl hatte historisch gesehen Recht. Zumindest im Kern. Womit er nicht Recht hatte, war seine Vorstellung, wie dieses Israel aussehen sollte: Eine deutsche Kolonie im Orient, mit Deutsch als Landessprache, Ultrareligiöse hatten nichts zu melden, die arabischen Bewohner waren glücklich, in so einem fortschrittlichen Staat zu leben, wo deutsche Tugenden und Kultur herrschten und nichts zu sehen war von Falafel, Thai-Strassenstrich am Busbahnhof von Tel Aviv und synthetischen Drogen in den Discos rund um Haifa.Das stinkende Kaff Jerusalem fand Herzl grauenvoll und eher verzichtbar.
Und auch das, worum es hier geht, fand in Herzls Augen sicher keine Gnade: Tee mit Minze.
Die multikulturellen Zutaten:
Eine englische Silberkanne aus der Mandatszeit in Palästina
Russische Teegläser mit Silberhalter aus der Zarenzeit
Deutsche Silberlöffel aus dem Kaiser- oder in Bayern aus dem Königreich
Echter, starker, syrischer Cai
Brauner Rohrzucker aus Ägypten
Frische Minze, gekauft beim türkischen Feinkosthändler
und natürlich gutes Wasser. Wobei die Brühe, die hier in Berlin aus dem Hahn kommt, leider kaum besser ist als Überden-Jordanwasser mit Kamel-Dung, aber was soll´s.
Pro Teeglas geben wir ein Minzeblatt in die Kanne, und einen gestrichenen Teelöffel Cai, in einem Teesieb. Das sprudelnde Wasser darübergiessen, den Tee nach 5 Minuten entfernen, die Minze aber lassen wir in der Kanne. Nach weiteren 5 bis 10 Minuten servieren wir den Tee, süssen ihn mit Zucker, lehnen uns zurück und stellen und vor, wir sässen gerade nicht fern des Strandes des Mittelmeeres, und die Sonne geht gerade unter. Ein kühler Wind aus der Hochebene Galiläas weht um die freien Schultern der Frau neben uns. Sie fröstelt in ihrem blauen Nichts von einem Kleid; wir legen ihr unser weisses Jacket um den Hals und schnuppern dabei an ihrer Haut, die nach Salz, Sonne und, zumindest in unserem Hoffen, nach Sex riecht.
Nun, meine Familie lag falsch, Herzl hatte historisch gesehen Recht. Zumindest im Kern. Womit er nicht Recht hatte, war seine Vorstellung, wie dieses Israel aussehen sollte: Eine deutsche Kolonie im Orient, mit Deutsch als Landessprache, Ultrareligiöse hatten nichts zu melden, die arabischen Bewohner waren glücklich, in so einem fortschrittlichen Staat zu leben, wo deutsche Tugenden und Kultur herrschten und nichts zu sehen war von Falafel, Thai-Strassenstrich am Busbahnhof von Tel Aviv und synthetischen Drogen in den Discos rund um Haifa.Das stinkende Kaff Jerusalem fand Herzl grauenvoll und eher verzichtbar.
Und auch das, worum es hier geht, fand in Herzls Augen sicher keine Gnade: Tee mit Minze.
Die multikulturellen Zutaten:
Eine englische Silberkanne aus der Mandatszeit in Palästina
Russische Teegläser mit Silberhalter aus der Zarenzeit
Deutsche Silberlöffel aus dem Kaiser- oder in Bayern aus dem Königreich
Echter, starker, syrischer Cai
Brauner Rohrzucker aus Ägypten
Frische Minze, gekauft beim türkischen Feinkosthändler
und natürlich gutes Wasser. Wobei die Brühe, die hier in Berlin aus dem Hahn kommt, leider kaum besser ist als Überden-Jordanwasser mit Kamel-Dung, aber was soll´s.
Pro Teeglas geben wir ein Minzeblatt in die Kanne, und einen gestrichenen Teelöffel Cai, in einem Teesieb. Das sprudelnde Wasser darübergiessen, den Tee nach 5 Minuten entfernen, die Minze aber lassen wir in der Kanne. Nach weiteren 5 bis 10 Minuten servieren wir den Tee, süssen ihn mit Zucker, lehnen uns zurück und stellen und vor, wir sässen gerade nicht fern des Strandes des Mittelmeeres, und die Sonne geht gerade unter. Ein kühler Wind aus der Hochebene Galiläas weht um die freien Schultern der Frau neben uns. Sie fröstelt in ihrem blauen Nichts von einem Kleid; wir legen ihr unser weisses Jacket um den Hals und schnuppern dabei an ihrer Haut, die nach Salz, Sonne und, zumindest in unserem Hoffen, nach Sex riecht.
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Die Beth Zion Synagoge in der Brunnenstrasse
uceda, 02:05h
wurde 1910 gebaut, 1938 verwüstet, aber nicht angezündet, weil sie im Hinterhof inmitten von Wohnbebauung liegt. In den 80ern wurde sie wiederhergerichtet, aber nicht mehr als Synagoge genutzt. Draussen, vor dem Hof an der Strasse, ist eine sauber geputzte Gedenktafel.
Drinnen sieht es anders aus. Ein Photo-Essay. Viele Bilder, wenig Worte.
Drinnen sieht es anders aus. Ein Photo-Essay. Viele Bilder, wenig Worte.
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Beth Zion, Brunnenstrasse, Berlin Mitte, 21.6.2004
uceda, 02:04h
Durch einen engen Torbogen und eine gekachelte Einfahrt geht es in einen schmalen, schattigen Hinterhof.
Ein Holzgatter trennt den Hinterhof notdürftig in einen normalen Teil mit viel Müll und alten Möbeln - und den Teil der Synagoge.
Trotzdem liegen dort Papierteller von einem Grillfest. Sogar Senf ist noch drauf, dazu viele Verpackungen. Gefegt wurde hier schon lange nicht mehr
Das gebrochene Glas auf dem Boden kommt aber nicht von Flaschen, sondern wahrscheinlich von einem der Fenster der Synagoge, neben dem Eingang.
Das Fenster ist wohl erst vor Kurzem gebrochen. Die Spanplatte, mit der es abgedeckt ist, ist neu, und die Schrauben sind nicht gerostet.
Neben der Tür ist eine moderne Sprechanlage und die Reste einer Klingel. Bedarf dafür besteht im Moment nicht, sonst hätte man die Klingel erneuert.
An der Tür war nach der Restaurierung eine Tafel angebracht - wahrscheinlich, um an die Geschichte der Synagoge zu erinnern. Inzwischen ist sie verschwunden.
Neben der ersten Stufe hat sich ein baum durch das Pflaster gebohrt. Die Stufen werden an dieser Stelle inzwischen angehoben - und in ein paar Jahren brechen.
Über der Tür ist eine Lampe angebracht. Die Glühbirne durfte höchstens 60 Watt haben.
Teil 2 ist hier.
Ein Holzgatter trennt den Hinterhof notdürftig in einen normalen Teil mit viel Müll und alten Möbeln - und den Teil der Synagoge.
Trotzdem liegen dort Papierteller von einem Grillfest. Sogar Senf ist noch drauf, dazu viele Verpackungen. Gefegt wurde hier schon lange nicht mehr
Das gebrochene Glas auf dem Boden kommt aber nicht von Flaschen, sondern wahrscheinlich von einem der Fenster der Synagoge, neben dem Eingang.
Das Fenster ist wohl erst vor Kurzem gebrochen. Die Spanplatte, mit der es abgedeckt ist, ist neu, und die Schrauben sind nicht gerostet.
Neben der Tür ist eine moderne Sprechanlage und die Reste einer Klingel. Bedarf dafür besteht im Moment nicht, sonst hätte man die Klingel erneuert.
An der Tür war nach der Restaurierung eine Tafel angebracht - wahrscheinlich, um an die Geschichte der Synagoge zu erinnern. Inzwischen ist sie verschwunden.
Neben der ersten Stufe hat sich ein baum durch das Pflaster gebohrt. Die Stufen werden an dieser Stelle inzwischen angehoben - und in ein paar Jahren brechen.
Über der Tür ist eine Lampe angebracht. Die Glühbirne durfte höchstens 60 Watt haben.
Teil 2 ist hier.
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