Montag, 15. März 2004

Ich hasse Museen
wenn sie sich mit was Lebendigem beschäftigen. Museen sind eine von Hochkulturgeschichtlerinnen zugeschleimte Käseglocke, die Bedenken - Erinnerungs - Bewahrer - wiederinsGedächtnisrufer - nurvom100.zum1000.abersonstnichtkommenden - Tussikastratenspezialisten heissen Dr. oder M.A. und haben so irre viel Verständnis, dass man das kalte Kotzen kriegt. Wenn man mal sagt, dass einem ihr abgespacetes Gedenkprojekt nicht juckt und es in der Sendung absolut keinen Platz hat, weil sowas schon von ihren 29.456 Gleichgeunsinnten gemacht wurde und Juden umbringen nix mit Judentum zu tun hat, sind sie sauer. Nicht alle, aber viele.

Ihre Arbeit spiesst das wissenschaftlich Wichtige aus dem realen Leben auf und macht einen in Fussnoten ersaufenden Katalogtext für Hirnficker daraus. Und dann wundern sie sich, wenn man sich in den pädagogisch wertvollen Schulklassendurchnudelaparaten fühlt wie die Sau vor dem Bolzenschussgerät.

Und das dann auch noch in einer Architektur, die vielleicht bedeutend sein mag, aber schon a priori abschreckend ist, weil es aussieht wie das Mahnmal für all die armen, zerbombten Bunkeranlagen dieser Erde.



Hey, womit hat mein Judentum sowas verdient?

Ja, ich bin sauer. Ich hatte letzte Woche Kontakt mit derartigen penetranten Leuten, die ihr Tun verdammt gut finden und glauben, ich müsste ihnen deshalb den Polante (bayerisch für Dienstboten) machen. Morgen werde ich sie anrufen und noch 1 Mal freundlich sein. Wenn sie es dann nicht kapieren, mach ich hier Google-Spamming und ballere den Beitrag mitsamt Klarnamen auf Platz 1.

Mann bin ich grantig!

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The fine Art of Dining & Enjoying Part 1
dedicated to the Meisterköchin

Es sind schlimme Zeiten. Die Wirtschaft kriselt, Studenten haben oft kein Geld mehr. Die Folge sehe ich bei den hiesigen Praktikantinnen: Wenn sie von der einen WG zur anderen wandern, kaufen sie nur das allerbilligste an Küchenausstattung. In der Regel wird von ihnen und anderen beim typischen Gang zu Ikea das typische Starterset für die Küche mitgenommen. Dabei sollte jedem klar sein: Was so billig ist, kann keine Qualität haben. Es wundert nicht, wenn das Zeug dann nach ein paar Wochen im leeren Yogurthbecher oder in der wassergefüllten (Nicht-)Spüle ein vortreffliches Biotop für jede Art von Pilzkultur bietet. Man beschäftigt sich nun mal nicht gerne mit Ramsch, den man braucht, aber nicht schätzt.

So nicht. Das Judentum verlangt in der Küche unbedingte Sauberkeit, und daran hat man sich über die Jahrhunderte gehalten, auch wenn die umgebende Kultur wenig damit anfangen konnte. Bei Untersuchungen in mittelalterlichen Kloaken Norddeutschlands stellte sich heraus, dass in den Judengassen weitaus weniger Krankheitserreger waren, als bei ihren christlichen Nachbarn! Jüdische Sitten wie Handwaschung und das Verbot verschimmelter Speisen waren keinesfalls üblich; Christen sexten vergammeltes Fleisch mit riesigen Mengen Pfeffer, Kümmel oder Nüssen auf, um die ekligen Geschmack zu überdecken.

Sauberkeit ist also nicht nur ein Gebot der Halacha, sondern auch wirklich sinnvoll! Und die beste Methode ist, mit Objekten zu arbeiten, die man gerne anfasst, reinigt, schätzt. Nun hat nicht jeder das Glück, bei Grosstante den 925er-Silber-Kasten und das fine bone china zu borgen, das sie aus England mitgebracht hat - auch in meinem Fall gäbe es was auf meine Gierbratzen. Also muss man sich die Schätze an anderen Orten besorgen. Und das ist auch zu Preisen möglich, die nur unwesentlich über denen von Ikea liegen! Als ich meinen Drittwohnsitz in Berlin aufmachte, nahm ich nur das absolute Minimum von zu Hause mit, und besorgte mir hier den Rest - auf dem Flohmarkt.



Nach 3 Tagen wenig intensiver Suche sieht die Ausbeute von links nach rechts so aus: 2 mal 6 Teile grosses Besteck von WMF, etwa 50er Jahre, 90er Versilberung und hochwertige Zwilling-Klingen - für 8 Euro, Flohmarkt John F. Kennedy Platz. Dann Käse- und Buttermesser und 6 Gabeln für das Frühstück, geschätzt auf 1880/1900, Griffe 800er Silber, für 15 Euro auf dem Flohmarkt Kreuzberg erstanden. 3 Teelöffel, Art Deco, 100er Versilberung, für 2 Euro, JFK. Der Muschellöffel und die beiden Vorlegegabeln sind aus Silber, wobei die Gabel mit Augsburger Faden (ganz unten) durch die Silberangabe in 12 Loten auf 1850 geschätzt werden kann - zusammen 6 Euro auf dem Flohmarkt Arkonaplatz in Mitte.

Das sind 26 Teile für 31 Euro. Das ist etwas teurer als Ikea, aber es sind Stücke, mit denen man viel Spass haben kann, bis man alt ist und dann die Enkelin kommt und fragt, ober sie vielleicht, weil sie doch nach Berlin, und so... Wie auch immer, alle Stücke sind hervorragend erhalten, praktisch nie benutzt worden, und mit etwas Politur wieder glänzend wie fast neu. Nicht ganz; ein klein wenig Patina sollte man stehen lassen. Durch diese Neuerwerbungen kann die Grundausstattung aus meinem Zweitwohnsitz zurückgeschickt werden.

Natürlich geht es bei Ikea schneller. Aber, 3 Sachen zu bedenken: Auf dem Flohmarkt ist man ein paar Stunden an der frischen Luft statt in dem nach chemisch behandelten Pressspan stinkenden Loch. Auf dem Flohmarkt lernt man Leute kennen, und schult das Verhandlungsgeschick (25% runterhandeln muss sein!), während man bei Ikea an der überfüllten Kasse gedisst wird.

Und dann, liebe Praktikantinnen: Stellt Euch vor, ihr habt IHN eingeladen. Und ER kommt tatsächlich bei Euch vorbei, mitsamt einer Flasche Wein. Legt ihr das billige Ikea-Besteck auf den Tisch - naja, dann seit ihr halt so eine typische Praktikantin ohne Geld, mit der man am Ende des Abends schläft, oder auch nicht, oder so. Legt dagegen Euer Silber auf den Tisch. Schweres, altes Silber. Dazu ein paar Besteckteile, deren genaue Funktion IHM nicht bekannt ist. Spielt ein wenig mit der spitzen Vorlegegabel. Tischt IHM neben dem Essen eine erstklassige Geschichte auf, dass das nur ein paar Reste des Familiensilbers sind; das andere ist natürlich weiterhin bei Frau Mama, die darüber wacht wie der Drache über den Schatz der Nibelungen.

Auch hier entscheidet die Dosierung; am besten erwähnt man das nebenbei, weil Euch die Geschichte der Sippe egal ist; ihr seid froh, diesem anstrengenden Haushalt entronnen zu sein und nun endlich mal in Berlin zu erleben, wie das Leben jenseits der guten, gehobenen Bürgerlichkeit ist.

ER wird Euch bis zum nächsten Morgen wie eine Prinzessin behandeln. Garantiert.

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