Freitag, 17. Dezember 2004

Shabbat shalom ohne Missverständnisse
wie in diesem Kommentar, was die Funktion der Geldwechsler im Tempel rund um die christliche Zeitenwende betrifft: Natürlich sind die Wechsler dank der Christenbibel übel beleumundet. Und es gab gute Gründe für Sekten wie die Christen, sie zu hassen; schliesslich symbolisierten die Wechsler ein aufgeschlossenes, weltoffenes Judentum, was den Eiferern nicht gefallen konnte. Christus beispielsweise soll durchaus korrekt nach jüdischem Glauben betont haben, dass er nur für die Juden der Messias ist, nicht aber für die anderen Völker. So jemand muss die Wechsler hassen.

Denn diese Wechsler waren keine schmierigen Geldumtauscher, die ihre Kunden betrogen. Ganz im Gegenteil! Die Juden profitierten im besonderem Masse vom Eroberungszug Alexander des Grossen. Ab dem 4. Jahrhundert wurden die Juden ein der führendes Handelsvolk, mit Niederlassungen im gesamten Mittelmeerraum. Nun braucht jeder vernünftige Handel entweder Geld oder Geldersatz. Geld hiess damals Edelmetall, was für den Besitzer erhebliche Risiken für Leib und Leben mit sich brachte; Piraterie war damals ein einträgliches Geschäft.

Nun sind im Judentum 2 Dinge zu bedenken: Einerseits sind auch Gelehrte gehalten, einen Brotberuf wie den des Händlers auszuüben. Zum anderen war der Tempel in Jerusalem das religiöse Zentrum schlechthin, zu dem alle Gelehrten enge Beziehungen unterhielten. Und hier kam den Juden eine grandiose Idee: Statt mit Geld über das Meer zu reisen, konnte man sich bei den bekannten Gelehrten in den Kolonien oder im Tempel Schriftstücke ausfertigen lassen, mit denen man reisen konnte. Da stand dann in etwa auf Hebräisch drin: Der Tempelpriester Jochanaan bittet seinen alten Freund, den Lehrer Petachia in Alexandria, dem Händler Moshe 200 Goldstücke auszuzahlen. Moshe hatte das Geld zuvor in Jerusalem hinterlegt, und musste sich keine Sorgen machen: Ein Pirat hätte mit dem Schriftstück nichts anfangen können. Wenn Moshe dann in Alexandria seine Geschäfte getätigt hatte, konnte er dort wiederum sein Geld gegen ein Schreiben deponieren und es sich in Jerusalem ausbezahlen lassen.

Die angeblichen Wechsler sind also keine Schurken, sondern Personen, die dem in der Thora ausdrücklich als gut bezeichneten Handel unterstützten; der Tempel war eine Art Bank, für die damalige Zeit extrem sicher, und finanzierte seinen Betrieb über die Spenden, oder soll man sagen die Zinsen der Händler. Ohne dieses System wären die Juden weniger erfolgreich gewesen, sie wären Hinterwäldler geblieben, wie es die Urchristen sein wollten. Die Wechsler sorgten dafür, dass mit dem Handel neue Ideen und Philosophien in das Land kamen; bezeichnenderweise haben Strömungen wie die Stoa und Zynismus eines Aristipp von Cyrene auch im Judentum ihre Entsprechungen.

Als dann der Tempel zerstört wurde, war das System schon so stark, dass es auch ohne die Zentrale überleben konnte. Man tauschte sich eben zwischen den Gemeinden aus. Wichtig wurde das erst, als das römische Reich unterging und die Wirtschaft in Europa zusammenbrach. Es waren die einzig und allein Juden, die im frühen Mittelalter den Handel zwischen Orient und Okzident aufrechterhielten; mit dem System, das ein gewisser Christus gerne beseitigt hätte. Und es dauerte gut 800 Jahre, von 400 bis 1200 nach der christlichen Zeitrechnung, bis die Christen ansatzweise etwas ähnliches auf die Reihe brachten.

Kurz gesagt: Jeder, der heute mit Papiergeld oder Karte zahlt und nur ungern versuchen möchte, seine Brötchen beim Bäcker gegen einen selbstgetöpferten Becher einzutauschen, sollte froh um diese Wechsler im Tempel sein.

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Wieder was gelernt
Demnach war Jesus ein früher Globalisierungsgegner.

Ich glaube aber nicht, dass wir ohne seinen Tod heute noch Tauschhandel betreiben würden. Systeme der Geldwirtschaft gab es nicht nur im Nahen Osten. Hat man nicht in China das Papiergeld "erfunden"?

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Shalom, auch ohne Missverständnisse.
Aus der Antwort auf meinen Kommentar einen neuen Eintrag zu machen, wertet meine Worte unangemessen auf. Trotz der Überschrift liegt trotzdem ein solches vor. Nicht die Geldwechsler sind das Übel. Da pflichte ich Deinem Beitrag zu, haben doch diese Burschen den Weg über das Land sehr viel sicherer gemacht als er üblicherweise zu der Zeit war. Was ich kritisiere ist etwas anderes.

Als Mose zum brennenden Busch ging, sprach Gott zu ihm, er möge sich seiner Schuhe entledigen, denn er steht auf heiligem Boden. Auch die Stelle, an der Mose die zehn Gebot empfing war geheiligt durch die Anwesenheit Jahwes. Israels Auszug folgte einer Feuersäule bei Nacht und einer Rauchsäule bei Tage. Um ihrem Gott eine Wohnstätte zu bereiten bauten sie einen Tempel, bestehend aus dem Äusserem und dem Innere Bereich und darin einen weiteren Raum, der das Allerheiligste beherbergte: Die Bundeslade mit u. a. den zehn Geboten drin.

Salomons Tempel (wir kommen langsam an den Ort des Geschehens) war ebenfalls in drei Bereiche eingeteilt: Dem Äusseren und dem Inneren Bereich und, durch eine Vorhang getrennt, das Allerheiligste. [1]

Der Äüssere Bereich war der Ort der Belehrung und der Opfer. Es war der einzige Bereich, den die Mitglieder des Jüdischen Glaubens betreten konnten. Der Innere Bereich war den Priestern, bzw. den Hohe Priestern vorbehalten. Das Allerheiligste durfte nur von einem auserwählten Hohe Prister nach einer Reinigungszeremonie betreten werden.

Der Tempel war die Wohnstätte Gottes auf der Erde. Der ganze Tempel, mit allen drei Bereichen. Die Geldwechsler waren wichtig, den sie sorgten daür, dass die Besucher des Tempels ihre Opfergaben auch wirklich leisten konnten und sie nicht dahergelaufenen Räubern auf der Straße nach Jerusalem übergeben mussten. Was aber hatten Sie im Haus Gottes zu suchen? Sollen Sie ihrer Geschäfte in den Straßen der Stadt nachgehen.

Jesus Christus hat für sich in Anspruch genommen, der Sohn Gottes zu sein. Er hat also mit dem Rausschmiss der Geldwechsler, Taubenverkäufer und sonstigen Händler von Opfergaben aus dem Tempel, das Haus seines Vaters gereinigt vom Kommerz. Übrigens eine Sache die mit Weihnachten auch mal geschehen sollte. Aber wer traut sich das schon?


[1] Dieser Vorhang war es übrigens, der beim Tode Jesu zerriss und damit das Allerheiligste freigab. Den Jesus kam nicht um das Gesetz Mose zu ersetzen, sondern um es zu erfüllen. Damit war der Blick und der Zugang zum Allerheiligsten für alle möglich.

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