Freitag, 12. November 2004

Wo ich war, als ich davon hörte?
Eigentlich da, wo ich meistens bin, wenn sowas passiert: Im Auto, ganz banal. Am Morgen quäkte der Wecker sehr unvokal, dann mussten noch ein paar Dinge getan werden, und dann ging es los Richtung Süden. Etwa auf Höhe Potsdam kam es dann im "Listen to the"-Radio, genau nach Robbie Williams. Hätte ich nicht erwartet. Ich dachte, er würde sich mehr ans Leben krallen. Wobei monatelanges, machtloses Siechtum für Arafat sicher auch keine Gnade gewesen wäre.

Man muss es realistisch sehen. Natürlich sind die westlichen Nachrufe auf Arafat nicht wirklich nett. Können sie auch nicht sein, denn dass der Nahe Osten dort ist, wo er ist, ist im Guten wie im Schlechten ein Gutteil Werk von Arafat. Ob es ein anderer anders, besser oder sogar gut hätte machen können, kann man bezweifeln; Handlungsmöglichkeiten sind in solchen Situationen immer begrenzt. Man wird ihm Oslo zu Gute halten, und wegen seiner Rolle bei Entführungen und Morden verabscheuen. Da bleibt nicht wirklich viel Platz für Sympathie. Allerdings - würde Sharon sterben, hätte man seine Nachrufe wahrscheinlich ähnlich formuliert. Der Westen kann mit solchen Typen einfach nichts anfangen, und bis zu einem gewissen Grad ist das auch verständlich.

Die Medien - offen gesagt, kotzt mich das an. Spiegel.de hat an Arafat das nachgeholt, was die Typen dort wahrscheinlich gern bei anderen Promis machen würden, so wie es die Bild-Zeitung macht. Dieses gierige Geifern, diese Warten der Aasgeier.

Arafat war ein prägnanter Gegner, ein Feind auch und ein Partner nur sehr begrenzt, aber er war immerhin berechenbar und im Kern ein relativ europäischer Revoluzzer. Mehr RAF denn Hamas. Das wird sich jetzt ändern. Und wahrscheinlich wird man ihn erst dann vermissen.

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