Montag, 29. November 2004

Typische jüdische Geschichte
Schwer gebeugt schleppt sich der Jude durch die düsteren, regennassen Strassen, vorbei an wenigen beleuchteten Fenstern - und wenn, dann sind die erleuchteten Symbole des anderen Glaubens darin zu sehen. Doch heute achtet er sie nicht, kein böses Wort über Papst oder Bischof kommt über seine Lippen, denn er hat an einer schweren Last zu tragen. Er hat sie sich m Vormittag selbst aufgebürdet, als er unter nebelverhangenem Himmel seinen Geschäften mit einem anderen Nichtchristen nachging. Ja, er hat viel zu tragen, nein, er ist nicht der Nikolaus mit dem Sack, er ist auch nicht Django mit dem Sarg und dem Maschinengewehr, nein, er ist Uceda mit der schwarzen Kiste. In seiner bescheidenen Hütte entzündet er den grossen Kronleuchter, lässt sich stöhnend auf den rund 120 Jahre alten, aber perfekt erhaltenen Bidjar-Teppich fallen, und öffnet die Kiste, die die Ursache seines Leides ist, und siehe:



Er braucht eine verdammt gute Ausrede, um seinen Eltern zu erklären, wieso er verdammt nochmal schon wieder 3 Pfund Silberbesteck von Berlins Flohmärkten anschleppt. Wenn das mit der Plünderung so weiter geht, werden sie ihn als "der jüdische Hunne" bezeichnen. Denn es ist ja nicht so, dass der Familienverbund auf der Brennsuppen dahergeschwommen ist, wie man in Bayern sagt - wozu also nochmal? Die durchaus zutreffende Behauptung, dass der Verkäufer die mexikanischen Silberpunzen nicht kannte und deshalb einen lachhaften Betrag forderte, wird es allein nicht machen. Also weicht man zwecks Ausrede auf die Religion aus, denn:

Silber spielt im Judentum eine wichtige Rolle. Es ist antiseptisch, tötet Bakterien, und diese Eigenschaft scheint das Körnchen Wissenschaft zu sein, das in vielen Regeln steckt. So ist der Sederteller an Pessach, einem traditionell extremer Reinheit verpflichteten Fest, oft aus Silber (Nur hab ich schon einen entsprechenden Silberteller, hilft also nicht als Ausrede). Gleiches gilt auch für die Bescher, die Ertrogdose oder auch den Thorazeiger - wo immer es eben auf besondere Reinheit ankommt. Auch Leuchter wurden und werden, wenn möglich, aus Silber gemacht; sowohl die Leuchter für den Shabbat als auch die sieben- und achtarmigen Leuchter. In der Synagoge findet Silber ebenfalls oft Verwendung; so sind die Thoraschilder meistens aus Silberblech gefertigt, und auch die Thoramäntel und -schreine glänzen hell vor Schmuck. Sogar am Fest der Demut, an Jom Kippur sind silberne Verziehrungen erlaubt, denn Silber ist wie weiss, und weiss ist das Symbol für Gnade. Gold dagegen hat wegen der Geschichte mit dem goldenen Kalb (*hüstel*) einen eher schlechten Ruf. Und auch banales Silberbesteck kommt den Forderungen des Religionsgesetzes entgegen, das beim Essen möglichst grosse Sauberkeit vorschreibt.

So gesehen, könnte das der Dreh sein, die Anschaffung zu erklären - wenn es nicht ohnehin mittelfristig beschlagnahmt wird; die Argumentation reicht innerhalb weniger Wochen von: "Braucht hier kein Mensch, wir haben doch schon so viel" über "Tu es halt in den Schrank, wenn da noch Platz ist" und "Ich putze das jetzt mal" und "Ich nehme das heute Mittag" bishin zum "Warum willst Du wissen wo das Besteck ist? Du willst uns doch unser weniges Silber nicht wegnehmen?" Jüdische Mütter... aber das ist ein anderes Thema.

... link (2 Kommentare)   ... comment