Freitag, 19. Dezember 2003

Chanukka Hämmer Teil 6
Es gibt solche jüdische Bücher und andere. Die anderen, bei denen man nie glauben würde, dass sie jüdisch sind, sind die interessanteren. In den 20er Jahren, als es noch keine Popliteratur gab, hiessen junge, witzige Schreiber "Skandalautoren", wenn sie nicht gleich Dada waren. Oft schrieben sie unter Pseudonymen. Der beste aller Skandalautoren kam aus Italien nannte sich Pitigrilli. Hinter ihm verbarg sich der jüdische Rechtsanwalt Dino Segre.

Sein Hauptwerk trägt den feinen, schlichten Titel Kokain. Die heutigen Popliteraten vom frühen Stuckrad-Barre bis zum Nachzügler Philip Jessen, mag es scheinen, dürften sich an Dino Segres Handlung orientiert haben: Talentierter, aber leicht lebensunfähiger Mensch verliebt sich, ist nicht in der Lage, die Beziehung zu halten, tritt eine Reise zu diversen hippen - damals mondänen - Orten an, unterhält sich über Musik und Mode und ist dabei sehr zynisch, nimmt Drogen, fickt, und will in Wirklichkeit doch nur die Eine zurück. Weshalb er am Ende zugrunde geht.

Nun war Segre ein Mensch mit sehr ausgeprägtem Stilempfinden, und nicht nur ein Comedyschreiber für eine drittklassige Knallcharge, die durch eben diese Drittklassigkeit das Niveau dieses Landes definiert. Wo die Popliteraten nur arrogant wirken, ist sich Segre der Distinktion bewusst und diskriminiert die Umwelt durch pures Sein. Seine Helden sind nicht überheblich, die Umwelt ist nur weit unter ihnen und reagiert mit Hass, Wut und Prozessen.

So ging es auch Segre selbst: Seine Romane sollten wegen Unmoral verboten werden. Segre liess sich nicht einfach schlachten, wie das heute mit Autoren so üblich ist, die unvorsichtig Geschlechtlichkeit beschreiben. Folglich wurde Kokain ein gigantischer Literaturskandal - und einer der Bestseller der 20er jahre. Kokain ist auch heute noch, wenn man es so sagen wollte, brilliante Popliteratur. Ein kleines Geschenk, das unter keinen Chanukka-Leuchter fehlen sollte.

Zu beziehen ist Kokain von Pitigrilli im gut sortierten Buchhandel. Mitleidige Blicke auf Mütter nicht vergessen, die ihren Blagen zum Fest Golf 2 von Illies kaufen.

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Chanukka-Wunder
Es ist nicht leicht, für Ariel Sharon Sympathie zun empfinden. Offen gesagt, es ist kein Wunder, dass er das rote Tuch für die Friedensbewegung ist. Dass sein Wahlkampf illegal finanziert war, dass er stur, stur und nochmal stur ist, rundet das Bild ab.

Naja. Aber auch der Sturste der Sturen fällt mal um. Ariel Sharon macht eine 180°-Drehung und sagt, dass man Sielungen im Westjordanland und im Gazastreifen aufgeben muss.

"Israel will initiate the unilateral security step of disengagement from the Palestinians." Und ausserdem: "In the framework of a future agreement, Israel will not remain in all the places it is today." Für die bisherige Likud-Position ist das eine völlige Abkehr von bisherigen Prinzipien.

Schon letzte Woche hatte der ehemalige Bürgermeister von Jerusalem und Likud-Politiker Olmert gesagt, am der Aufgabe der Siedlungen werde man nicht vorbei kommen. Damals blieb Sharon verdächtig ruhig - und jetzt die Kehrtwende.

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