Sonntag, 14. Dezember 2003

Chanukka Hämmer Teil 5
und auch das ist ein echter Hammer: 850 Seiten dick, ein Buch wie ein Baumstamm. Sein Name: Das Ma´asse-Buch - zu deutsch übersetzt ganz schlicht: Das Geschichtenbuch.

Es begann 1602, und es begann mit einer deftigen Lüge. Der Basler Buchhändler Jakob bar Abraham versprach den Käufern des Werkes "Ajn schojn Maasebuh" über 300 Geschichten - und das zum damaligen Schleuderpreis von nur einem Taler. Wer sich von diesem Werbespruch überzeugen liess, erlebte eine herbe Enttäuschung: Statt der 300 versprochenen Geschichten waren gerade mal 255 abgedruckt.

Trotzdem sind diese 255 Geschichten ein Meilenstein: Zum ersten Mal tritt hier Jiddisch als Literatursprache auf. Wobei diese Literatur trotz aller Bezüge zu Religion und hebräischer Hochkultur ganz anders daherkommt: Kraftstrotzend, saftig, mitten im Leben. Der frühneuzeitliche Jude mochte es eben deftig, mit listigen Rabbinern, mit dem bösen Trieb, mit all den Konflikten mit der Umwelt und hard hitting Heebs, die am Ende die Oberhand behalten.



Die Fabulierfreude hat durchaus ihre Tradition; nachdem das intensive Studieren religiöser Texte noch nie jedermanns Sache war, mussten sich die Rabbiner was besseres einfallen lassen. Deshalb wurden die rabbinischen Weisheiten in Alltagsgeschichten verpackt - oder manchmal eine Weisheit auch nur als Vorwand genutzt, umd eine Sex´n´Crime-Story zu bringen.

Das Ma´asse-Buch ist, wenn man so will, das Decamerone der Juden. Und jetzt endlich auch wieder in deutscher Neuaflage bei dtv. Mit 14,50 Euro immer noch günstig, und um die letzten 45 Kapitel wird man bis heute betrogen.

... comment