Samstag, 10. April 2004

Shabbat Shalom - nicht für jeden
Ich möchte ein Buch schreiben.

Nein, Quatsch, ich möchte kein Buch schreiben. Zumindest nicht als der Jude, der ich bin. Unsereins ist 1a-Kanonenfutter für den Literaturbetrieb, für jeden verkaufsträchtigen Skandalkunkel brauchen Verlage auch einen Entschuldigungsjuden, im besten Fall wird es sowas wie Biller, aber meist endet das auf dem Quasselniveau der Viola Roggenkamp. Nein danke. Wenn Buch, dann unter Pseudonym. Und nichts mit Judentum.

Trotzdem juckt´s mich in der Tastatur. Weil hier in den letzten Tagen mal wieder Irrenalarm war. Sehr viele wohlmeinende Menschen, die ja nur das Beste für uns wollen, haben mir erzählt, was ich/wir falsch machen. Wie wir uns besser verhalten sollen, wenn wir wollen, dass sie weiterhin noch bessere Freunde werden und uns auch weiterhin helfen. Dieses Wort stand tatsächlich in einer Mail. So eine dahergelaufene Betroffenheitsurschel meint, mir helfen zu müssen. Sie versteht das Judentum nämlich ganz anders als ich. Und das will sie mir nahebringen.

Ab sofort bin ich für die Einführung der 120-Stunden-Woche für Lehrer, damit die nicht mehr auf so blöde Gedanken kommen. Ausserdem fordere ich, dass einer der hier vorbeikommenden jüdischen Leser, der noch kein Literat ist, sich des oben gewünschten Buches annimmt. Eine gnadenlose Abrechnung mit dieses Philos soll es werden, bitterböse, zynisch, man muss lachen, sich totlachen können über diese milde Sorte Menschheit, mit ihrem Versöhnungsfimmel, und dahinter darf ruhig laut und knallig zum Vorschein kommen, was für verhuzelte Psychos die eigentlich sind.

Das Buch soll 200 Seiten haben, schnell wegzulesen sein, an einem Abend, man muss sich kringeln, ein Brüller jede Seite, Sex, Gewalt, Drogen, alles ist legitim. Dann ab damit in die Kulturseiten, die auch für ihren Judenfimmel bestraft werden müssen. Es muss einen Skandal darum geben, die Leute sollen reden, sie sollen sich ertappt, überführt, abgewatscht fühlen.

Bitte, schreib mir jemand so einen Roman. Irgend so eine Überidentifizierte, die beim Versuch des versöhnlerischen Ranwanzens brutal auf die Fresse fliegt, immer und immer wieder, sich immer einredet, dass sie für die Juden doch gerne leidet, aber in Wahrheit findet sie es einfach nur geil, endlich selbst mal Opfer sein zu dürfen und sich wichtig zu fühlen. Das ganze mit einem blutigen Ende.

Bitte. Es ist Zeit, sowas zu schreiben. Chawer, tu es für mich.

... link (2 Kommentare)   ... comment