Dienstag, 6. April 2004

Dreistigkeit des Tages
Da kommt ein Text zu meinem Brotberuf. Ein langer Text, den man doch bitte bringen soll. Gegen Bezahlung natürlich. Zahlen tun wir, aber nicht allzu viel, weswegen der Autor schon etwas pikiert reagiert. Schliesslich ist er vor allem Buchautor mit wissenschaftlicher Veröffentlichung.

Der Text liest sich, hm, irgendwie wie ein mieser Waschzettel für ein Hirnfick-Buch. Irgendeine Bullshit-Debatte über einen Randbereich, der schon fast nicht mehr jüdisch ist und bestenfalls professorale Philos begeistert.

No way. Trotzdem gurgelt man den Mann, weil einen schon interessiert, was der so treibt. Aha, da ist ja das Buch. Und das Buch hat einen Waschzettel. Der genau der Text ist, den er geschickt hat.

Durchaus höfliche Ablehnung, nur lein kleinstes Gran Ironie, ganz fein. Aber schon mit dem Hinweis, dass wir keine PR-Texte bringen.

Jetzt die Antwort: Schade, das Thema ist doch so wichtig, ich soll doch auch an die Verantwortung für die Juden denken, aber wie auch immer: Er gibt sein Buch an einige befreundete Journalisten, und die werden sich dann mit Rezensionsangeboten an uns wenden.

Bei der Google-Recherche kam auch noch raus, dass der Autor Erwachsenenbildung macht. Über Holocaust. Reisegruppen, und so.

Die heutige Absage, die überdeutlich ist, wird er seinen Leuten sicher nicht als Beispiel für jüdisch-deutsche Verständigung vorlesen.

Aber: Warum interessieren sich solche Sickos nicht für ein anderes Thema? Warum ausgerechnet Judentum, oder was sie dafür halten?

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Say it loud
I´m jewish and proud!

Ich habe durchaus ein weitgehendes nichtjüdisches Leben. Will sagen, jenseits der Sendung und meiner momentanen Beschäftigung spielt die Abstammung meiner Vorfahren und deren religiöses Verständnis keine besondere Rolle - so sie überhaupt dergleichen hatten. Was ich so von Verwandten höre, soll schon um 1900 rum keiner mehr so richtig gern in den Tempel gegangen sein. Gewissermassen fast schon wieder eine eigene Familientradition.

Dazu kommt, dass die jüdische Religion nicht immer die unaufwendigste ist. Eigener Kalender, der dafür sorgt, dass man die Feiertage vergisst, einige Feiertage, die nicht sehr bedeutend sind, hebräischer Tempeldienst, also in einer Sprache, die nicht gerade zu den gesprochenen gehört - all das sind so Punkte die so, in etwa, leider dafür verantwortlich sind, dass, oder so, ja.

Kurz gesagt: Das Judentum verlangt einem ganz schön was ab. Es ist definitiv nicht volltrottelkompatibel. Aber:



Es gibt keine "Rumeier im Osterdesign", wie diese Teile hier beschrieben werden. Im Judentum wird nicht rumgeeiert. Und es ist auch kein Designgag. Es hat durchaus etwas Würde.

Btw. weil grad Pessach ist: Diese Würde kriegt man nicht, wenn man als Oberkirchenrat in irgendwelchen Kirchen den Seder nachspielt und sich irre versöhnlich dabei fühlt. Das ist unser Fest. Ich lade gerne Freunde zum Seder ein, und es ist mir egal, was die sind.

Aber alle Sedernachäffer: Eat Rumeier im Osterdesign and, well ya know what.

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